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Bücher und Lesetips

Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945 BADEN-WÜRTTEMBERG Bd.II

BaWü Band 2: Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen

"Hautnah und ergreifend wird Geschichte, wenn man ihre Spuren vor der eigenen Haustür entdeckt und verfolgen kann... Da ragt zum Beispiel hinter Tübingen die Stammburg der Hohenzollern weit ins Land hinein. Aber an ihrem Fuß liegt der riesige KZ-Friedhof Bisingen. Welches der beiden Ziele hat uns heute mehr zu sagen?" fragte Alfred Hausser in einem Beitrag zum Wegweiser.

Um die Geschichte vor der eigenen Haustür entdecken zu können, braucht man Anreize, Informationen. Pünktlich zu Alfred Haussers 85. Geburtstag liegt nun Teil II des Heimatgeschichtlichen Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung in Baden-Württemberg vor. Er umfaßt die Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen. Damit konnte endlich die Lücke geschlossen werden, die seit Mai 1991, dem Erscheinungsdatum des Wegweisers Teil I (Regierungsbezirke Karlsruhe und Stuttgart) klafft.

Der Wegweiser sichert Spuren. Blutige Spuren, die der Hitlerfaschismus überall im Land hinterlassen hat. Spuren, die die nahezu kollektive Verdrängung durch die Tätergeneration, ihre "Unfähigkeit zu trauern" (Mitscherlich) verschüttet hat. Hitlers willige Vollstrecker waren überall. Da fand sich zum Beispiel im Städtchen Lauf im Ortenaukreis noch im Jahr 1944 ein Denunziant der den Soldaten Stefan Könninger wegen dessen Žußerung, der Krieg sei verloren, anzeigte. Der als Hitlergegner bekannte Schlosser Stefan Könninger wurde verhaftet und am 21. August 1944 im Zuchthaus Brandenburg wegen "Wehrkraftzersetzung" hingerichtet. (Wegweiser S. 99) Ihm, den unzähligen anderen unbekannten Opfern des NS-Regimes, und den gar nicht so wenigen, die den Mut zum Widerstehen hatten, setzt der Wegweiser ein Denkmal, indem er sie dem Vergessen entreißt.

Der Wegweiser dokumentiert die ersten Konzentrationslager Ankenbuck, Heuberg und das Fort Oberer Kuhberg in Ulm. Er schildert die Stationen der Verfolgung jüdischer Menschen, der Sinti und Roma und der Behinderten. Er nennt und beschreibt die im ganzen Land verstreuten Zwangsarbeiterlager, die Rüstungszentren am Bodensee, im Schwarzwald und in Oberschwaben. Die KZ-Außenlager Natzweiler und Schirmeck - Orte des Grauens, der Vernichtung durch Arbeit.

Die Autorin des Wegweisers, die Historikerin Dr. Ursula Krause-Schmitt widmet das umfangreiche, 343 Seiten umfassende Werk dem Spiritus Rector des Ganzen, dem Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA Alfred Hausser. In der Tat wäre ohne Alfred Hausser weder Band I noch Band II des Wegweisers entstanden. Auch für die VVN-BdA Baden-Württemberg geht mit dem Erscheinen des 2. Teils des Wegweisers, ein langehegter Wunsch in Erfüllung, zu dessen Realisierung sie als Mitherausgeber erheblich beitrug. Ursula Krause-Schmidt hat ein gründlich recherchiertes Nachschlagewerk und Arbeitsbuch vorgelegt. Zusammen mit Band I gibt es einen umfassenden Überblick über die Stätten der Verfolgung und des Widerstandes in Baden-Württemberg und lädt Interessierte zum Nachbohren und Vertiefen der Geschichte vor der Haustür ein. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis erleichtert diese Arbeit. Das sieben Seiten umfassende alpabethische Ortsverzeichnis enthält ungefähr 400 Ortsnamen und macht das Suchen einfach. "Eine Gnade der späten Geburt kann es nicht geben. Wir können uns nicht aus der Geschichte stehlen. Die 'politische Erbschaft der Schuldigen' zu tragen, bedeutet - für Junge wie ältere -, sich immer wieder mit dieser Schuld auseinanderzusetzen, obwohl sie niemals erlischt" schreibt der DGB-Landesbezirksvorsitzende Siegfried Pommerenke in seinem Vorwort zum Wegweiser.

Gedenkstättenführer Baden-Württemberg
Bd.I: Verlag für akademische Schriften/ ISBN 3-88864-032-6 / Frankfurt 1991, DM 38,00
Bd.II: Verlag für akademische Schriften / ISBN 3-88864-204-3 / Frankfurt 1997, DM 39,00


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