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Bücher und Lesetips

Primo Levi: Ist das ein Mensch (Roman)

Levi Am 13. Dezember 1943 wurde Primo Levi von der faschistischen Miliz verhaftet, irgendwo in den italienischen Bergen, in die er geflohen war, um den Judenverfolgungen zu entgehen. Als Zwangsarbeiter wurde er nach Auschwitz deportiert. Am 27. Januar 1945 bei der Befreiung durch die Rote Armee lebten von den 650 Menschen seines Transportes nur noch fünf. Levi hätte vom "Wunder des Überlebens" sprechen können, wie andere KZ-Häftlinge das getan haben. Bei seinem Bericht ist es ihm aber nicht auf die Glücksumstände des eigenen Schicksals, es ist ihm auf das Unvorstellbare angekommen, das für die Arbeitssklaven in Auschwitz Alltag hieß. Statt die durchlebte Qual zu verdrängen, hat sich Levi nach der Befreiung einer zweiten Qual gestellt: der minutiösen Erinnerung an das Erlittene. Wie die Häftlinge ovm Lagersystem der SS planvoll seelisch zerstört wurden, indem man sie miteinander erbarmungslos ums Überleben kämpfen ließ, wie man ihr humanes Wesen auslöschte, um sie todesreif zu machen: das ist wohl in keinem anderen KZ-Bericht mit solcher Genauigkeit aufgezeichnet worden. Im Gegensatz etwa zu Eugen Kogons"SS-Staat", der aus der Perspektive des bewußten politischen Gegners geschrieben ist, schildert Levi aus der Sicht der unpolitischen Opfer. Dem "Politischen" gab seine Überzeugung die seelische Kraft zum physischen Durchhalten. Nichtpolitische waren psychisch weitgehend wehrlos, weil ihnen dieses ideologische Überlebensmotiv fehlte. Das Buch liefert einen Schlüssel für die Widerstandslosigkeit, mit der sie meist in den Tod gingen. Levi sucht die erlittene Enthumanisierung durch schonungslose Erinnerung an sie aufzuheben und gibt so dem Zufall des eigenen Überlebens einen ethischen Sinn.

Carl-Hanser-Verlag / ISBN 3-7632-3845-x / München 1988 / DM ??

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