VVN-Logo VVN-BdA Baden-Württemberg, Böblinger Strasse 195, D-70199 Stuttgart / Tel. 0711/603237 Fax 600718 01.04.1999
antifNACHRICHTEN an9904
Nummer 2 / April 1999


54 Jahre nach der Befreiung

Widerstand gegen den NATO-Krieg

von Anne Rieger

Eine deutsche Regierung führt wieder Krieg in einem anderen Land - einen Angriffskrieg also - den dritten schon in diesem Jahrhundert. Wir verurteilen diesen Krieg! Er ist völkerrechtlich illegal. Wir verurteilen jeden Angriffskrieg - er trifft tausende Unschuldige. Wir fordern die rot-grüne Bundesregierung auf: Beenden Sie sofort den Kampfeinsatz der Bundeswehr im Ausland! Setzen Sie sich auf internationaler Ebene dafür ein, daß die Bombenangriffe eingestellt werden. Beenden Sie den Bruch des Grundgesetzes! Dort ist festgehalten: Deutsche Soldaten dürfen nur zur Verteidigung und nur im Rahmen der Beschlüsse der Vereinten Nationen eingesetzt werden.

Bedenken Sie, wie deutsche Truppen 1941 in Serbien unter der Zivilbevölkerung gewütet haben - etwa 20% der Bevölkerung ist in diesem Krieg umgekommen: 17 000 jüdische Bürger wurden umgebracht - Belgrad wurde in Schutt und Asche gebombt. Jetzt, 54 Jahre danach, bomben deutsche Soldaten wieder im Ausland.

Die Bomben auf Belgrad sollen angeblich die Lage der Zivilbevölkerung im Kosovo verbessern, sollen menschliche Not lindern. Eine humanitäre Katastrophe soll verhindert bzw. beendet werden. Was aber ist der Beginn eines Krieges anderes als eine humanitäre Katastrophe? Wann haben je Bomben auf einen souveränen Staat eine politische Lösung gebracht? Auch der Konflikt im Kosovo wird nicht durch Bomben gelöst. Der Haß, die Angst, die Spaltung werden sich mit jeder Bombe vertiefen.

Wir sind für eine Lösung des Kosovo-Konflikts im Interesse der Füchtlinge, im Interesse aller Menschen in der Region, auch der Nachbarstaaten - aber diese Lösung muß auf politischem Wege herbeigeführt werden. Dazu brauchen wir eine internationale Konferenz. Sie muß mit den Beteiligten gemeinsam eine Lösung erarbeiten, die die Souveränität Jugoslawiens und die Interessen aller Beteiligten im Kosovo berücksichtigt. Ermutigend ist, daß trotz des Trommelfeuers eines großen Teils der Medien für den Krieg es Widerspruch, Protest und Widerstand gegen die Militärpolitik der verbrannten Erde gibt. Wir ziehen den Hut vor den sieben Abgeordneten der Grünen und der gesamten Fraktion der PDS im Deutschen Bundestag, die gegen den NATO-Angriff gestimmt haben und den neun SPD-Abgeordneten, die sich in einer Erklärung gegen die Luftangriffe ausgesprochen haben. Sie zeigen der Welt, daß es auch das andere Deutschland gibt, das Deutschland, das nicht wieder Großmachtpolitik verfolgt.

Wir unterstützen die Resolution Rußlands im Sicherheitsrat der UNO zur Beendigung des Militäreinsatzes gegen Jugoslawien die Unterstützung Chinas und Namibias. Wir begrüßen den Beschluß Rußlands, humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Österreich hat keine Überfluggenehmigung für die Luftangriffe der NATO gegen Serbien gegeben. Wir unterstützen dieses Vorgehen ebenso wie die Initiative Griechenlands, das ein Ende des Militäreinsatzes fordert. Wir begrüßen die Massendemonstrationen in Moskau, in Skopje in Makedonien, in Griechenland und die Demonstrationen in bundesdeutschen Städten.

Ich erkläre hiermit: Meine Zustimmung hatte Bundeskanzler Schröder nicht, als er übers Fernsehen erklärte, er handele in Übereinstimmung mit der übergroßen Mehrheit des deutschen Volkes. Ich distanziere mich ebenso von den Äußerungen des DGB-Vorsitzenden Dieter Schulte, der der Koalition nach ihrer völkerrechtswidrigen Entscheidung seine Unterstützung zugesichert hat. Im Gegenteil: Wir fordern die Gewerkschaften auf, gemeinsam mit der Bundesregierung einzuwirken, diese völkerrechtlich illegalen Kriegseinsätze sofort abzubrechen. Die Menschen in Jugoslawien sind unsere Kolleginnen und Kollegen in einem anderen Land. Der Krieg der deutschen Bundesregierung und der NATO gegen sie muß sofort beendet werden.

Anne Rieger ist 2. Bevollmächtige der IGM Waiblingen und langjährige frühere Sprecherin der VVN-BdA Baden-Württemberg. Sie hat diese gekürzt wiedergegebene Rede bei einer Kundgebung am 27.3. in Stuttgart gehalten.


VVN-Logo http://www.vvn.telebus.de © 1999 J. Kaiser