VVN-Logo VVN-BdA Baden-Württemberg, Böblinger Strasse 195, D-70199 Stuttgart / Tel. 0711/603237 Fax 600718 01.01.1999
antifNACHRICHTEN an9901
Nummer 1 / Januar 1999


Bewegung bei der Entschädigung für Zwangsarbeit:

"Ein Zeichen aus Solidarität, Gerechtigkeit und Selbstachtung"

von Alfred Hausser

Eine Chronik der Aktivitäten

25. August 1998:
Der Bundessauschuss der VVN-BdA befaßt sich mit der Forderung nach Entschädigung für Zwangsarbeit. Ergebnis: Gemeinsame Erklärung von VVN-BdA und Interessengemeinschaft der ehemaligen Zwangsarbeiter/innen an die demokratische Öffentlichkeit, im besonderen an den DGB zur Unterstützung der Forderung auf Entschädigung.

24. September 1998:
Die "Fankfurter Rundschau" meldet "Siemens bietet Zwangsarbeitern Hilfe an. Nach VW stellt auch der Elektronikkonzern Siemens 20 Millionen für NS-Opfer bereit".

6.Oktober 1998:
"Der DGB Bundesvorstand hält die Einrichtung einer Bundesstiftung zur Entschädigung aller noch lebenden Zwangsarbeiter/innen und Zwangsarbeiter für dringend geboten.

19. Oktober 1998:
Die Lagergemeinschaft Ravensbrück beschließt bei ihrer Jahrestagung in Wittenberg ein Forderungsprogramm zur Rehabilitierung und Entschädigung aller ausgeschlossenen und vergessenen NS-Opfer.

22. Oktober 1998:
Der IG Metall-Vorstand stellt sich in einem Rundschreiben an alle Verwaltungsstellen vor den DGB-Beschluß und verweist auf die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen für eine Bundesstiftung "Entschädigung für Zwangsarbeit". Darin findet sich der bemerkenswerte Satz: "Wir müssen ein deutliches Zeichen von gelebter Solidarität setzen und historisches Verantwortungsbewußtsein zeigen."

29. Oktober 1998:
Auf unsere Initiative treffen sich in Köln Vertreter aller Organisationen der Opfer, sowie der IG Metall. Nach ausführlicher Diskussion einigt man sich über das weitere gemeinsame Vorgehen, um die von allen geforderte Entschädigung zu einem baldigen und positiven Ergebnis zu bringen. Kritisch wird vermerkt, daß der Bundeskanzler bereits Gespräche mit der Industrie geführt hat, aber zu den Verbänden der Opfer noch keinen Kontakt aufgenommen hat. Auch seine mehrfache Erklärung, daß die Bundesregierung keine Gelder in eine Bundesstiftung einbringen werde, stieß auf Widerspruch. Die Verbände erwarten eine Einladung ins Kanzleramt.

25. November 1998:
Auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten (AvS) erneutes Treffen der Vertreter der Opferverbände im Parteihaus der SPD in Bonn. Die schriftliche Intervention von AvS und IG Metall bleibt im Kanzleramt unbeantwortet. Hinweise lassen darauf schließen, daß im Kanzleramt eine schnelle Lösung vorbereitet wird. Trotzdem werden weitere Fragen zur Abwicklung der Entschädigung diskutiert. Eine Zusammenstellung von wichtigen Eckdaten soll vorbereitet werden. Vorschläge der Verbände sollen bis 12. Dezember dem Bundesverband für Beratung und Information in Köln mitgeteilt werden. Für 13. Januar wird ein neuer Gesprächstermin in Frankfurt/Main vereinbart.

30. November 1998:
"Der Spiegel" berichtet unter der Überschrift "Der neue Umgang mit der Nazivergangenheit" über zahlreiche Internas, die erkennen lassen, daß viele Details in drei Gesprächen mit dem Bundeskanzler bereits ausgehandelt sind. Vor dem Hintergrund zahlreicher Klagen in den USA gegen deutsche Konzerne auf Zahlung von Entschädigung der Zwangsarbeiter drängt Bonn auf eine Bundesstiftung und will damit "am Ende des Jahrhunderts ein materielles Zeichen aus Solidarität, Gerechtigkeit und aus Selbstachtung setzen." Mit dieser Initiative sei die gesellschaftliche Ergänzung der staatlichen Wiedergutmachungspolitik als erfüllt anzusehen, so Kanzleramtsminister Hombach. Dazu Kommentar im "Spiegel": "Die Herren aus den Topetagen von Industrie und Banken waren angetan." Damit ist zu befürchten, daß die Entschädigung hinter dem Rücken der Opfer und ihrer Organisationen ausgehandelt wird. Die Demokratie bleibt auf der Strecke. Wir bleiben trotzdem am Ball.

Alfred Hausser


VVN-Logo http://www.vvn.telebus.de © 1999 J. Kaiser