25.10.1998
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschisten VVN-BdA Baden-Württemberg |
Angst vor Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter Das Grundübel des Kapitalismus, die Angst vor Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter ist wieder aktuell. Seit Jahrzehnten zum erstenmal wieder fürchten sich auch qualifiziert ausgebildete Arbeiter und Angestellte vor Armut und Existenzbedrohung. Der Traum, diese Angst sei durch die 150 Jahre währenden Kämpfe der internationalen Arbeiterbewegung wenigstens im Zentrum der hochindustrialisierten Europäischen Union für immer zurückgedrängt, ist ausgeträumt. 7 Mio Arbeitslose in Deutschland mit steigender Tendenz, 18 Mio in der EU — da kann Arbeitslosigkeit jeden, oder zumindest doch jede Familie, schon morgen treffen. Gesetzlich zementierte Ausländerfeindlichkeit 23 % Arbeiter in Sachsen-Anhalt 1998 bei einer Arbeitslosigkeit von 24 % und 17 % Arbeiter in Baden-Württemberg 1996 bei einer Arbeitslosigkeit von 7 % gaben daraufhin mit ihrem Stimmzettel die Antwort: Ausländer raus. Denn das ist der Kern der nur oberflächlich verschlüsselten Botschaft der Wahlparolen der neofasbchistischen Parteien: "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche", DVU und "Die Sicherung deutscher Arbeitsplätze hat für uns Vorrang", Rolf Schlierer, Reps. Das jahrhundertelang verspritzte Gift der Ausländerfeindlichkeit und des Nationalismus zeigten bei dieser Entscheidung ebenso Wirkung, wie die durch die Regierungskoalition erfolgte gesetzliche Zementierung der Einteilung von Menschen in erste und zweite Klasse: die mit und die ohne deutschem Pass. Jobkiller bleiben außen vor So stehen nicht die tatsächlichen Arbeitsplatzvernichter und Jobkiller — die transnationalen Konzerne, Großbanken und Versicherungen, die ökonomischen Gewinner der Massenarbeitslosigkeit — im Rampenlicht der Kritik der von Arbeitslosigkeit bedrohten abhängig Beschäftigten und überwiegend jungen Arbeitslosen. Sie verbleiben in der Diskussion und der Auswertung der Wahlschlacht völlig im Dunkeln. Dagegen werden die an den rabiaten Rationalisierungsstrategien gänzlich unschuldigen - aber von ihnen ebenfalls betroffenen - ausländischen KollegInnen als scheinbare Verursacher der Arbeitslosigkeit an den Pranger gestellt. Spaltung statt Solidarität ist das eine Ergebnis — Hass gegen vermeintliche Sündenböcke statt gemeinsamer Kampf gegen die Profiteure der Massenarbeitslosigkeit das andere. Gewinner der neofaschistischen Sozialdemagogie sind die transnationalen Konzerne. Unberührt vom öffentlichen Wahlkampf und der Verzweiflung und Wut der Menschen über Massenarbeitslosigkeit, Sozial- und Lohnraub, können sie weiterhin ungestört Milliarden einstreichen. Zu verdanken haben sie die Ruhe unter anderem der massenhaften Plakatierung ihres Millionärskollegen Gerhard Frey. Die mentale Verelendung und Verrohung hat in Deutschland Geschichte. Waren früher angeblich die "Juden" Schuld an Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau sind es heute angeblich die ausländischen KollegInnen. Statt die zu Recht bestehende Sorge vor der sozialen Unsicherheit an ihren Wurzeln zu bekämpfen wird davon abgelenkt. Unter dem Stichwort "Innere Sicherheit" wird kampagnenmäßig von der Regierungskoalition mit Kanther an der Spitze und Teilen der SPD die Furcht vor privater Unsicherheit geschürt. So finden in Folge Parolen wie: "Republikaner — Kriminelle Ausländer raus", "Ausländerstopp bedeutet für uns Deutsche ... innere Sicherheit" (NPD) und "Kriminelle Ausländer raus" (DVU) zu viele Anhänger. Profis am Werk Wir haben es mit Profis zu tun. Um in ihrer Sozialdemagogie glaubwürdig akzeptiert zu werden, greifen neofaschistische Parteien die immer offener zutage tretende Wut und den Zorn der Menschen gegen die Regierung auf: Aber nicht die interessengeleitete Politik der Regierung für die Transnationalen Konzerne steht im Mittelpunkt ihrer Kritik. Wieder bleibt die Konzernpolitik im Dunkeln, wird von jeglicher Kritik ausgespart. Der Regierung wird lediglich Unfähigkeit vorgeworfen. Alternative Politikansätze im Interesse der abhängig Beschäftigten sucht man vergebens. Unternehmerforderungen Inhaltliche Forderungen aber, wie sie sich Sozial- und Lohnpolitik vorstellen, sind zu finden:
Systemkritik von rechts Dabei bleibt es nicht. Die immer häufiger zu hörende Frage der Menschen, ob denn dieses System wirklich das Beste sei, greift die NPD auf. Sie versteigt sich zur Kapitalismuskritik und will das System ändern: "Gegen System und Kapital — unser Kampf ist national". Diese Systemkritik von rechts erinnert fatal an Hans-Olaf Henkels Systemdebatte vom vergangenen Jahr. Er forderte das föderale System, die Länderkompetenzen zu schleifen. Hintergrund war die Opposition, die sich im Bundesrat gegen die große Steuerreform gebildet hatte, die zur Steuerumverteilung von unten nach oben führen soll. Spaltung Die Spaltung der internationalen Arbeiterbewegung ist das Ziel des zweiten Teils dieser Parole: "Unser Kampf ist national". Er setzt an der Standortdiskussion der Arbeitgeber an, die jahrelang propagierten, daß Arbeitsplätze am "Standort Deutschland" angeblich nur gemeinsam von Arbeitgebern und Beschäftigten "gerettet" werden könnten — also national. Kein Gedanke soll da aufkommen, daß nicht nur in Deutschland sondern überall auf der Welt Menschen Arbeitsplätze brauchen - daß der Kampf um Arbeitsplätze wirklich erfolgreich nur international gegen die transnationalen Jobkiller geführt werden kann. Allgemein ist bekannt, daß die Regierungskoalition nicht unsere Interessen vertritt. Die neofaschistischen Parteien dageggen geben sich vordergründig mit ihren kurzschlüssigen Parolen als Interessenvertreter der kleinen Leute — als Protestparteien. Daß sie im Kern Unternehmerparteien sind läßt sich beweisen, obwohl es ihnen bisher gelungen ist, das zu verschleiern. Neben inhaltlichen Argumenten mag im Wahlkampf der Hinweis helfen, daß Gerhard Frey Multimillionär, Besitzer von 20 — 30 Häusern in Berlin, einer Villa in München-Pasing und Besitzer eines Medienkonzerns ist. Die Geschichte lehrt, daß sie Reserveinstrumente des Kapitals sind, wenn mit demokratischen Errungenschaften und Standortdiskussion die Gewinne des Kapitals nicht mehr zu sichern sind. Anne Rieger |
Republikaner Arbeit für Deutsche Jeder Deutsche hat das REcht auf Arbeit (NPD) Arbeit für alle Deutschen (DVU) Neonazis sind so wenig neu wie ihre Parolen. Antifaschistische Kundgebung vor dem Stuttgarter Rathaus 1971 Das Sparpaket der Bundesregierung offenbart die wirtschafts- und finanzpolitische Hilflosigkeit der Bonner Altparteien ... Der Bonner Weisheit letzter Schluß ist, den immer weniger werdenden ehrlichen Steuerzahlern immer tiefer in die Tasche zu fassen. Steuererhöhungen hier, Gebührenanhebungen da, niemand weiß, welche Horrormeldung ihn morgen erwartet ... (Reps) Die liberalkapitalistischen Systemparteien der BRD sind offenbar unwillig und gänzlich unfähig, die soziale Not in Deutschland zu beheben. Ergebnisse ihrer Politik: Eine rapide zunehmende soziale Verelendung von großen Teilen unseres Volkes, die alle Bonner Parteien in den letzten Jahrzehnten gleichermaßen herbeigeführt haben! Massenarbeitslosigkeit, Lehrstellenlücke, Firmenpleiten, Schuldenrekord, Wohnungsnot, Inflation ... moralischer und kultureller Verfall sind die sicheren Anzeichen totalen Versagens der etablierten Politiker in Bonn. Ungebremste Profitsucht, Machtgier und kalter Egoismus sind ihre niederen Beweggründe. (1. Mai Aufruf 1998, NPD) Die jüngsten Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit beweisen: Rein gar nichts haben die herrschenden Politiker erreicht, um die katastrophale Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu wenden (DVU) "Zu hohe Lohnabschlüsse (ziehen) den Verlust internationaler Wettbewerbsfähigkeit nach sich", Bruno Wetzel DVU "Ich bin der Meinung, wir brauchen ... Arbeitsplätze, die nicht so hoch bezahlt werden und nicht so hoch qualifiziert sind", Dieter Lieberwirth, Reps " ... einen neuen Niedriglohnbereich schaffen und die Annahme auch gering bezahlter Jobs durch drastische Änderungen bei Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und -hilfe attraktiver machen" Er verspricht Arbeitsplätze, "wenn die untersten tariflichen Einkommen um mindestens 30 % gesenkt werden." Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Juni 1997 "Die Tarifautonomie" müsse "dort ihre Grenzen finden, wo auf Kosten des Ganzen und ohne Rücksicht auf das allgemeine Wohl verfahren wird" NPD "Wir ... sprechen uns für eine begrenzte Öffnungsklausel nach dem Prinzip tarifvertraglicher Korridore aus. Im Rahmen einer Teildezentralisierung sollen danach die klassischen Tarifparteien ein Spannenergebnis verhandeln, welches betriebsspezifisch weiterverhandelt werden soll, um die endgültige Lohnhöhe festzulegen. ... Eine weitgehend frei wählbare Arbeitszeit wäre ein bedeutsamer Beitrag ... zur Humanisierung der Arbeitswelt ..." , Reps "Wir wollen deshalb unsere Tarifverträge um eine Betriebsklausel ergänzen, die abweichende betriebliche Regelungen zuläßt. ... Wir wollen die noch immer weitgehend starre Regelung durch einen tariflichen Arbeitszeitkorridor von 30 - 40 Wochenstunden ersetzen. Dann könnten die Unternehmen im Einvernehmen mit den Mitarbeitern und dem Betriebsrat über die Dauer der Arbeitszeit im einzelnen entscheiden." , Frankfurter Erklärung zur Reform des Flächenratifvertrages, Gesamtmetall 17.11.97 Bei der Rente ist "das gegenwärtige Umlageverfahren durch ein Kapitaldeckungsverfahren zu ersetzen." Landtagsprogramm der Reps Baden-Württemberg 1996 "Es ist doch völlig klar, daß unser umlagefinanziertes Rentenmodell nicht mehr trägt." Olaf Henkel, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) November 1997 |
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