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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
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Nummer 1 / Januar 1998


Entschädigung von Zwangsarbeitern

Die Verschleppungstaktik muß beendet werden

von Alfred Hausser

Die Opfer werden zu Recht ungeduldig. Aus allen Ländern erreichen uns Briefe von ehemaligen ZwangsarbeiterInnen mit der besorgten Frage: Wie lange muß ich noch auf meine Entschädigung warten? Das Landgericht Bonn hat am 5.11.1997 zwei richtungsweisende Entscheidungen verkündet. Im ersten Fall wurde die Klage auf Entschädigung von 21 Zwangsarbeiterinnen aus osteuropäischen Staaten mit der Begründung abgewiesen, daß ihnen nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) Zahlungen geleistet wurden. Das Gericht hat dabei völlig außer Acht gelassen, daß weder im BEG noch in anderen Vorschriften ein Rechtstitel auf Entschädigung für Zwangsarbeit enthalten ist. Eine Zahlung für Schaden an Freiheit kann aber im nachhinein nicht als Leistung für Zwangsarbeit umgebucht werden.

Positives Urteil - ohne aktuelle Folgen?

Im zweiten Fall hat das Gericht einer in Israel lebenden ehemaligen Zwangsarbeiterin eine Entschädigung zugesprochen. Mit diesem Urteil wird eine sture Haltung der Bundesregierung korrigiert. Sie besagt im Klartext: Das Londoner Schuldenabkommen von 1953 ist außer Kraft gesetzt. Der 2 + 4-Vertrag von 1990 ist Friedensvertrag und damit können die ehemaligen Zwangsarbeiter/innen in den Oststaaten ihre Entschädigung beanspruchen. Es ist aber zu befürchten, daß die Unterlegenen Berufung einlegen, so daß wieder kostbare Zeit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung verloren geht und die meisten Opfer tot sind.

Alle Gruppen der Verfolgten und auch wir als VVN-BdA fordern deshalb eine politische Lösung durch den Bundestag.

Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen

Am 6.11.97 hat Volker Beck in einer Pressekonferenz in Bonn einen Gesetzentwurf zur Entschädigung aller Zwangsarbeiter/innen vorgestellt, der die Errichtung einer Bundesstiftung verlangt. In den Fonds sollen Arbeitgeber und Bundesregierung Gelder einbringen. Nur auf diesem politischen Weg ist eine baldige Entschädigung zu erwarten. Wir fordern von den Regierungsparteien ihre bisherige Blockadehaltung aufzugeben, damit noch in dieser Legislaturperiode eine positive Entscheidung erfolgen kann. Wir erwarten daß sich auch der DGB für diese Lösung stark macht.

Gehen die tschechischen Opfer leer aus?

Die deutsch-tschechische Regierungerklärung vom 21.1.97 wurde von uns kritisiert, weil sie keine Zusage enthält, daß die tschechischen NS-Opfer eine Entschädigung erhalten sollen. Es steht außer Zweifel, daß die Bundesregierung auch gegen diese Forderung mauert. Es wurde lediglich vereinbart, daß in dem vorgesehenen Zukunftsfond Mittel für die tschechischen NS-Opfer bereitgestellt werden sollen. Bundesaußenminister Kinkel hat jedoch erklärt, daß dabei nicht an individuelle Entschädigungen gedacht sei, sondern an soziale Einrichtungen, z.B. Altenheime. Mit Recht weisen unsere tschechischen Kameraden darauf hin, daß bis zur Fertigstellung dieser Objekte die meisten Opfer tot sind. Die Verantwortlchen sollten sich schämen.

Alfred Hausser



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