01.07.1997 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschisten
Baden-Württemberg
Heft Nummer 3/1997
Nonsens als gefährliche Methode
Verfassungsschutzbericht 1996
von Dieter Lachenmayer
Der Mai ist gekommen und mit ihm, pünklich wie alle Jahre, auch der neue Verfassungsschutzbericht des Landes Baden-Württemberg. Wie alle Jahre wird auch in diesem neuen Verfassungsschutzbericht die VVN - Bund der Antifaschisten unter dem Kapitel "C. Linksextremismus - 5.1 Deutsche Kommunistische Partei und Umfeld" erwähnt. Dennoch ist im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1996 nicht alles gleich wie in den Vorjahren.
In früheren Jahren war unsere Vereinigung stets als sogenannte "Vorfeldorganisation der DKP" gekennzeichnet worden. "Die Beobachtung der VVN-BdA ... resultiert im wesentlichen aus den bis heute fortbestehenden Verflechtungen der VVN-BdA mit der DKP", heißt es noch im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1993. Daß diese "Verflechtungen" vor allem daraus resultieren, daß der antifaschistische Widerstand gegen das Naziregime zu großen Teilen von der Arbeiterbewegung und eben auch und gerade von Kommunistinnen und Kommunisten getragen wurde, interessiert den Verfassungsschutz (VS) natürlich nicht. Wer sich dem antifaschistischen Konsens der unmittelbaren Nachkriegsgesellschaft und des Grundgesetzes mehr verbunden fühlt als dem antikommunistischen Konsens der Regierungspolitik seit Beginn des Kalten Krieges, bleibt in den Augen der von dieser Politik (und nicht vom Grundgesetz) abhängigen Behörden eben "Verfassungsfeind".
Methodische Falschinformation
Spätestens seit dem Bericht 1994 aber scheint dem Verfassungsschutz diese Art der Diffamierung nicht mehr zu genügen. Erstmals weist er auf die Jugendantifas in den Kreisvereinigungen Offenburg und Karlsruhe hin und versucht daraus einen "zunehmenden Einfluß des autonomen linksextremistischen Spektrums" herbeizureden. Den bisherigen Höhepunkt dieser Variante der Verdächtigung und Stigmatisierung unserer Vereinigung stellte dann der VS-Bericht 1995 dar: Dort wird bezugnehmend auf die jugendlichen Mitglieder in den beiden genannten Kreisvereinigungen von "Radikalisierung", "Militanzbereitschaft" und gar einem "gewaltbereiten Mitgliederpotential" phantasiert. Daß dies böswillige und völlig aus der Luft gegriffene Behauptungen sind, haben wir in den früheren Ausgaben der Antifa-Nachrichten bereits ausführlich dargelegt (vgl. AN 4/96). Genützt haben uns unsere Versuche zur Gegedarstellung zunächst allerdings wenig.
Beeinflussung im Operationsgebiet
Im Gegenteil: die vom Verfassungsschutz ausgestreuten Verdächtigungen erfüllten ihren Zweck als Ausgangspunkt für eine erhebliche Beeinträchtigung und Behinderung unserer Arbeit:
"Desinformation: Den deutschen Verfassungsschutzbehörden ist dieses Mittel nicht gestattet. Methodische Verbreitung falscher, einseitiger oder entstellter Information durch einen fremden Nachrichtendienst, mit dem Ziel, Entscheidungen bzw. Entwicklungen im Operationsgebiet zu beeinflussen."
(Aus einem Begriffslexikon, das das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz u.a. über seine hauseigene Mailbox verbreitet)
am 11. Februar 1997 wird eine kleine Anfrage der Reps zur VVN - BdA im Landtag als Drucksache ausgegeben, in der die REPs sich auf die Anschuldigungen des Verfassungsschutzberichtes nochmal ausdrücklich beziehen: "Welche verfassungsrelevanten Kenntnisse hat die Landesregierung über die Kreisvereinigungen Karlsruhe, Offenburg und gegebenenfalls weitere Kreisvereinigungen der VVN-BdA im Hinblick auf deren Beziehungen zum linksextremistischen autonomen Spektrum?"
am 12. Februar 1997 erreicht uns ein Brief des Finanzamtes Stuttgart Körperschaften: Dort wird der Verfassungsschutzbericht 95 zitiert und dann ausdrücklich eine Behauptung aufgestellt, die der Verfassungsschutzbericht jedem Leser nahelegt ohne sie selbst auszusprechen: "Es wurden offenbar gemeinsame Aktionen durchgeführt, die eine Radikalisierung und Militanzbereitschaft erkennen lassen." Dieser Behauptung folgt der Wink mit dem Zaunpfahl der Aberkennung der Gemeinnützigkeit: "Im Hinblick auf den der VVN-BdA eingeräumten Status einer gemeinnützigen Organisation, bitte ich auf die unselbständigen Untergliederungen dahingehend einzuwirken, daß eine klare Abgrenzung zu verfassungsrechtlichen Aktivitäten erfolgt (Abmahnung-Ausschlüsse etc.) Das Finanzamt bittet um Unterrichtung nach Durchführung obiger Maßnahmen." (Mit den unselbständigen Untergliederungen sind die KVs Karlsruhe und Offenburg gemeint. Die Klammer und der freudsche Versprecher mit den "verfassungsrechtlichen Aktivitäten" stammen aus dem Orginal.)
am 13. Februar 1997 schreibt der Präsident des Landtags, Peter Straub, an unseren Ehrenvorsitzenden Alfred Hausser: "Die VVN - BdA ist von mir nicht eingeladen worden (zur Veranstaltung des Landtags am 27. 1. 1997, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, d. Red), weil sie seit mehreren Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet und jeweils im Verfassungsschutzbericht erwähnt wird. ... Dies war auch der Grund dafür, daß bereits im letzten Jahr Ihrem Wunsch, bei der Gedenkfeier zu sprechen, nicht entsprochen wurde. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß sich unser Verhalten gegen die VVN-BdA als Organisation richtet, aber nicht gegen einzelne ihrer Mitglieder, die selbst Opfer des Nationalsozialismus und Mitglieder demokratischer Parteien und Organisationen sind. An meiner Einstellung gegenüber der VVN-BdA wird sich nichts ändern, solange sie sich nicht eindeutig von Kreisvereinigungen und Einzelmitgliedern distanziert, die linksextremistische Ideologien verfolgen oder autonomen Gruppierungen angehören."
So also funktioniert das: Die Verfolgten des Naziregimes werden nicht zur Gedenkfeier für die Verfolgten des Naziregimes eingeladen, weil der Verfassungsschutz sie verfolgt. Opfer des Nationalsozialismus ist nur der, der einer Organisation angehört, die vom Verfassungsschutz nicht beobachtet wird.
Sich regen bringt Segen
Obwohl die "Methode Verfassungsschutz", nämlich viel Dreck werfen, damit ein wenig hängen bleibt, im Zusammenspiel mit anderen Institutionen und Behörden sehr erfolgreich ist, ist sie nicht unfehlbar. Auch die zahlreichen Aktivitäten und Initiativen die die Mitglieder der VVN-BdA und viele FreundInnen und BündnispartnerInnen gegen die Verleumdungen des Verfassungsschutzes ergriffen haben, waren nicht umsonst. Weit über tausend Menschen, darunter viele Funktions- und Mandatsträger, aus Parlamenten, Parteien, Gewerkschaften und Organisationen unterstützen mit ihrer Unterschrift die Forderung, die VVN BdA aus dem Verfassungssschutzbericht zu streichen und ihre politische Diffamierung zu beenden.
Nachdem sowohl der Ministerpräsident als auch der Innenminister die Annahme der Unterschriften und ein Gespräch über die vom Verfassungsschutz erhobenen Anschuldigungen mehrfach verweigerten, haben wir diese Unterschriften Mitte Mai dem Petitionsausschuß des Landtags übergeben. Parallel dazu führten wir zahlreiche Gespräche mit Lantagsabgeordneten aus den Oppositionsparteien, die ihrerseits informell wie auch in einer offiziellen Anfrage Initiativen zu unserer Unterstützung ergriffen. Unterstützungsunterschriften, unsere vielen schriftlichen Nachfragen und die Initiativen der uns unterstützenden Abgeordneten scheinen nicht wirkungslos geblieben zu sein.
Im neuen Verfassungsschutzbericht jedenfalls tauchen die Verleumdungen der "Militanz- und Gewaltbereitschaft" nicht mehr auf. Möglicherweise haben nun auch das Landesamt für Verfassungsschutz und der zuständige Innenminister eingesehen, daß durch solche Unwahrheiten und substanzlose Meinungsmache nicht hauptsächlich der Ruf der VVN-BdA beschädigt wird, sondern vor allem der des Landesamtes für Verfassungsschutz.
Die Sprechblasen des Innenministers
Einen Wideruf oder gar eine Rehabilitierung bedeutet diese Korrektur jedoch nicht. Im Mai, also etwa zeitgleich mit der Vorstellung des neuen Verfassungssschutzberichtes stellten die SPD-Abgeordneten Wettstein und Zeller eine Anfrage an den Innenminister:
"Auf welche konkrete Fakten stützt sich die in den Verfassungsschutzbericht aufgenommene Behauptung, wonach Kontakte von Mitgliedern zweier Kreisverbände der VVN - BdA 'zum autonomen Spektrum' zu 'einer Radikalisierung bis hin zur Militanzbereitschaft' geführt hätten?"
Obwohl diese Behauptungen im neuen Bericht nun nicht mehr erscheinen, versucht Innenminister Schäuble sie in seiner Antwort nachträglich zu rechtfertigen. Allerdings braucht er dazu einen Trick, d.h. er antwortet nicht auf die gestellte, sondern auf eine ganz andere Frage:
"Es handelt sich um Kontakte von überwiegend jungen Mitgliedern einer 'VVN-BdA/Jugendantifa' der Kreisvereinigungen Karlsruhe und Offenburg zum linksextremistischen und autonomen Spektrum..."
Der Innenminister macht aus dem "linksextremistisch autonomen Spektrum", das sowohl dem Verfassungsschutzbericht als auch der Frage zugrundelag, einfach ein "linksextremistisches und autonomes" Spektrum, damit seine weitere Antwort einen Sinn bekommt:
"Diese (die Kontakte, d. Red.) resultieren aus gemeinsamen Aktionen wie der Unterzeichnung von Flugblättern und Aufrufen zusammen mit dem 'Bund Westdeutscher Kommunisten', der 'Marxistisch Leninistischen Partei Deutschlands' sowie ihrem Jugendverband 'Rebell' und der PDS. Ebenso wurden mit Organisationen aus diesem Spektrum gemeinsame Informationsstände abgehalten."
Die Frage der Abgeordneten, wer erinnert sich nach diesem Wortschwall noch, zielte auf "autonomes Spektrum", "Radikalisierung" und "Militanzbereitschaft". Der Innenminister antwortet mit PDS, mit "Flugblättern", "Aufrufen", "Infoständen". Er vergißt auch zu erwähnen, was eigentlich unterzeichnet wurde. So läßt sich nicht nachprüfen, ob alles stimmt und ob denn etwa die aufgezählten besonders linken Unterzeichnerorganisationen sich vielleicht in der Gesellschaft von zahlreichen anderen befanden, die der Innenminister beim besten Willen nicht mit "verfassungsfeindlichen Bestrebungen" in Zusammenhang bringen kann. Der erste Teil seiner Antwort beweist also nur, daß er auch im zweiten Teil lediglich unnachprüfbare, unbelegte und bewußt unscharf formulierte, also letztlich unwahrhafte Halbwahrheiten oder ganze Unwahrheiten von sich gibt:
"Auch bei Protestaktionen mit teilweise gewalttätigen Verlauf wurden Mitglieder der linksextremistischen autonomen Szene sowie der linksextremistischen 'Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend' gemeinsam mit Mitgliedern der 'Jugendantifa' der VVN festgestellt. Ähnliches gilt für demonstrative Aktionen."
Was haben demonstrative Aktionen mit "Militanzbereitschaft" zu tun? Wieweit waren diejenigen, die gemeinsam "festgestellt" wurden auch am "teilweise gewalttätigen Verlauf" beteiligt? Welcher Teil verlief gewalttätig und wie verlief der andere? In welchem Teil befanden sich die gemeinsam "festgestellten"? Wo und wann war das eigentlich? Worum handelte es sich? Man darf sicher sein: wenn der Innenminister auch nur den Hauch einer Information zur Beteiligung von VVN-Mitgliedern an Gewalttaten besäße, er würde sie freudig bekanntgeben.
Ob all diese Luftblasen aus der Verlegenheit des Ministers resultieren, nachträglich etwas rechtfertigen zu wollen, was er mittlerweile als unhaltbar erkannt hat, oder ob es bedeutet, daß trotz des Rückziehers im neuen Verfassungssschutzbericht weiterhin an der rufschädigenden Legende der "Militanz- und Gewaltbereitschaft" der VVN-BdA festgehalten werden soll, wird sich noch zeigen müssen.
Ist Antifaschismus verfassungsfeindlich?
Fest steht, daß sich an der Absicht, die VVN - BdA in eine verfassungsfeidliche Ecke zu schieben auch mit dem neuen Verfassungsschutzbericht nichts geändert hat. Aber der Schwerpunkt hat sich verschoben. Zum ersten Mal versucht der Verfassungsschutzbericht, unsere "Verfassungsfeindlichkeit" nicht mehr ausschließlich aus außerhalb der VVN - BdA liegenden Faktoren, wie anderweitigen Mitgliedschaften oder der Zusammenarbeit mit anderen "verfassungsfeindlichen" Organisationen herzuleiten, sondern direkt aus unserem antifaschistischen Bekenntnis und unserer antifaschistischen Arbeit. So heißt es im neuen baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht über die VVN-BdA:
"Indem sie ... die Bundesrepublik Deutschland als 'faschistischen Staat' zu entlarven und zu bekämpfen versucht, läßt sie gleichzeitig ihre Nähe zum orthodox-kommunistischen Faschismus-Begriff erkennen. Danach ist der Faschismus ein wesensimmanentes Merkmal der bürgerlichen Demokratie, die diesen wiederum zur eigenen Herrschaftssicherung instrumentalisiert."
Es wär zum Lachen, wenn es nicht zum Heulen wäre:
Wann je hätte die VVN-BdA versucht die Bundesrepublik als faschistischen Staat zu entlarven und zu bekämpfen?
Wer hätte je behauptet, der Faschismus sei ein wesensimmanentes Merkmal der bürgerlichen Demokratie?
Was hat das mit den orthodoxen Kommunisten (wer und was immer das ist) zu tun? Den klassisch kommunistischen Faschismusbegriff definierte Georgi Dimitroff 1935 beim 7. Weltkonkress der kommunistischen Internationale: "Faschismus an der Macht ist die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals." Angesichts der "Definition" des Verfassungsschutzes würde er sich wohl im Grabe wälzen.
Vor allem aber: was hat die VVN - BdA mit dem Unfug des Verfassungsschutzes zu schaffen? In der VVN - BdA gibt es keinen verbindlichen Faschismusbegriff, sondern eine offene und lebendige Diskussion darüber, in der verschiedene Ansätze ihren Platz haben. Eine Grunderkenntnis aber ist allen gemeinsam: Der Faschismus ist die vollständige Negation der Demokratie (und nicht ihr Wesensmerkmal).
Was der baden-württembergische Verfassungsschutz da zusammenfabuliert ist also blanker Nonsens.
Nonsens als Methode
Wer jedoch nach dieser Lachnummer den baden-württembergischen Verfassungsschutz als unfreiwillige Kabarettruppe abtun wollte, liegt falsch. Der angebliche "Faschismusbegriff" des neuen Verfassungsschutzberichtes ist ebenso aus den Fingern gesogen und frei erfunden, wie es die "Militanz- und Gewaltbereitschaft" der Jugendlichen in der VVN-BdA war. Aber dieser Nonsens folgt der gleichen Methode: Ist der Unfug erst in der Welt, kriegt ihn so leicht niemand wieder weg.
Wieder nutzt der Verfassungsschutz seine Definitionsmacht, um die VVN-BdA und den Antifaschismus als Ganzes madig zu machen. Warum er das tut, zeigt der folgende Klartext:
"Im übrigen hält die VVN-BdA 'antifaschistisches' Engagement u.a. auch 'angesichts der fortwährenden Aushöhlung demokratischer Rechte, fortgesetzter Versuche der Kriminalisierung des demokratischen Widerstandes, einer Aufrüstung zum Polizeistaat, der die Zerstörung des Sozialstaates absichern soll' und gleichzeitig wegen der Militarisierung der deutschen Außenpolitik' für unverzichtbar."
Genau das ist es, was die Herren vom Verfassungsschutz in Bewegung hält. Wer sich der derzeitigen Regierungspolitik
der Aushöhlung demokratischer Rechte, wie der Aushöhlung des Asylrechts oder das faktische Versammlungsverbot für Kurdinnen und Kurden,
der Kriminalisierung des demokratischen Widerstands, wie sie in den Abstrafungen der SitzblockiererInnen oder in der (eingestellten) Strafverfolgung der Göttinger Antifa M zum Ausdruck kam,
einer Aufrüstung zum Polizeistaat, wie sie in verdachtsunabhängigen Kontrollen und dem großen Lauschangriff angelegt ist,
der Zerstörung des Sozialstaates, durch den Abbau fast aller sozialer Errungenschaften,
der Militarisierung der deutschen Außenpolitik durch grundgesetzwidrige Auslandseinsätze und Rambotruppen wie dem KSK in Calw,
entgegenstellt, der muß in den Augen des Verfassungsschutzes als 'Verfassungsfeind' gebrandmarkt, ausgegrenzt und bekämpft werden.
Verfassungsfeindlichkeit konkret:
Deutlich wird dies auch daran, wie der Verfassungsschutzbericht 96 einer ganz anderen Organisation, nämlich der PDS, ihre angebliche Verfassungsfeindlichkeit nachzuweisen versucht:
Sie habe "zusammen mit der DKP, der VVN-BdA, der autonomen Gruppe Anifa A2, und der DIDF im Zusammenhang mit dem Lübecker Brandanschlag zu einer Kundgebung 'Zusammenstehen gegen Rassismus und Gewalt'" aufgerufen. Wir ergänzen die Aufrufer zu dieser "verfassungsfeindlichen" Aktion, die der Verfassungsschutz vergaß zu erwähnen: Bündnis90 / Die Grünen LV Bad.-Württ., DGB Kreis Stuttgart-Böblingen, Jungsozialisten in der SPD LV Bad-Württ., Mosaik e.V., ökumenische Initiative Ohne Rüstung Leben, TV Die Naturfreunde Württemberg.
Alle anderen Vorwürfe gegen die PDS haben ähnliche Qualität:
Teilnahme an einer Aktion "Demokratie statt Polizeistaat - Demokratische Grundrechte für alle - auch für Kurden" mit dem Mannheimer Aktionsbündnis gegen Rassismus,
Aufruf zu einer Kundgebung "Freiheit für Safwan Eid!" zusammen mit dem Antifaschistischen Aktionsbündnis Rhein-Neckar
Eine Veranstaltung zum Thema "Mythos Globalisierung"
Teilnahme an einer Pressekonferenz im Mannheimer Kulturzentrum Kurdistan
Die Mitunterzeichnung eines Flugblattes "Demokratische Rechte für alle! Weg mit dem Vereinsverbot für Kurdinnen und Kurden"
Diese vollständige Aufzählung der "tatsächlichen Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen der PDS" beweist: Als linksextremistisch und damit verfassungsfeindlich gilt antifaschistisches und antirassistisches Engagement im allgemeinen und im besonderen alles, was die Politik des baden-württembergischen Innenministeriums, dem der Verfassungsschutz zugeordnet ist, kritisiert.
Wer vom Faschismus redet, ist Verfassungsfeind
Man könnte dies alles vielleicht als kleinlichen und dilettantischen Provinzialismus abtun, wäre da nicht auch noch der Verfassungsschutzbericht des Bundes, der in allen Punkten das Muster vorgibt, das die baden - württembergische Zweigstelle, wenn auch teilweise arg verballhornt, übernimmt.
Dort heißt es, zwar auch falsch (siehe oben), aber wesentlich ernster zu nehmen über die VVN - BdA auf Bundesebene:
"... hielt die Organisation an dem traditionellen orthodox-kommunistischen Verständnis fest, nach dem Faschismus eine mögliche Herrschaftsform des Kapitals sei."
Jede wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Faschismus geht von einem Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus aus, schon deshalb, weil der historische Faschismus eben nur in kapitalistischen Gesellschaften an die Macht gelangte. Dieser Zusammenhang wird lediglich von der sogenannten "Totalitarismustheorie" bestritten, die deshalb den Begriff Faschismus durch "Totalitarismus" ersetzt, um links und rechts gleichsetzen zu können.
Der Verfassungsschutz erhebt also die wissenschaflich unumstrittene Grundannahme jeder Faschismusforschung in den Rang der Verfassungsfeindlichkeit. Die wissenschaftliche Kennzeichnung des Faschismus als eine Form bürgerlicher Herrschaft, wird als orthodox-kommunistische Position verteufelt. Das richtet sich nicht nur gegen die Feststellungen und Aussagen aller Parteien und Organisationen (von der CDU bis zur KPD) nach der Niederringung des Hitlerfaschismus, sondern auch gegen den Inhalt des Grundgesetzes und der Länderverfassungen, die sich aufgrund der Erfahrungen vor 1945 ausdrücklich gegen den möglichen Mißbrauch wirtschaftlicher Macht wenden. Das richtet sich auch gegen die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit.
Kurz: Der Verfassungsschutz ignoriert und bricht die Verfassung, die er zu schützen vorgibt.
Wir haben uns daran gewöhnt, mit der ständigen Diffamierung und Behinderung des Verfassungsschutzes leben zu müssen und dennoch unbeirrt unsere antifaschistischen Anliegen zu verfolgen.
Zu den antifaschistischen Aufgaben gehört es aber auch, dem jährlichen Unfug des Verfassungsschutzberichtes, der Grundgesetz und Demokratie gefährdet, entgegenzutreten.
antifaNACHRICHTEN werden herausgegeben von der VVN/BdA Baden-Württemberg.
V.i.S.d.P.: Dieter Lachenmayer.