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antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 1 / April 2008



Konsequenter Antifaschist und verlässlicher Mitstreiter:

Abschied von Reinhard Hildebrandt

Anne Rieger
Dieter Lachenmayer


Am 21. April ist unser Landesprecher Reinhard Hildebrandt verstorben. Er erlag derselben Krankheit, die uns in den letzten Monaten gleich drei Opfer aus dem engeren Landesvorstand gefordert hat.
Reinhard blieb bis zuletzt aktiv in der Arbeit der VVN-BdA, obwohl er um seine Krankheit wusste.
So war er immer gewesen: engagiert, beharrlich, hilfsbereit - fast unermüdlich aktiv für Antifaschismus und Frieden.
Reinhard, am 15. Juli 1943 geboren, und nahm als junger Mann die Ereignisse der 68 Bewegung aktiv und offen auf und entwickelte sich in dieser Zeit politisch zum Antifaschis-ten und Friedenskämpfer. Er beteiligte sich an der Bewegung gegen den Vietnamkrieg, nahm 1972 am Angela-Davis-Kongress in Frankfurt am Main teil, der in Deutschland ein Höhepunkt der Kampagne für die mit der Todesstrafe bedrohte US-amerikanische Bürgerrechtlerin war. In der Bewegung gegen die Notstandsgesetze war er ebenso zu finden, wie in der Kampagne "Kampf gegen den Atomtod". In den achziger Jahren nahm er aktiv an den vielen Aktionen der Friedensbewegung gegen die Nachrüstung teil.
Reinhard war Mitglied bei den Naturfreunden und vertrat lange Jahre den württembergischen Landesverband im Arbeitsausschuss der Friedensbewegung. Dort half er mit großem Einsatz mit, die Aktionen der Friedensbewegung vorzubereiten und zu organisieren: Ostermärsche und auch die großen Aktionen und Demonstrationen gegen den Golfkrieg 1991.
Durch die Friedensbewegung und durch seine Mitarbeit in der Geschichtswerkstatt Marbach kam reinhard in engen Kontakt auch mit der VVN-Bund der Antifaschisten und wurde 1997 Mitglied.
Schon zuvor hatte er sich besonders für die Geschichte, die Ursachen des Faschismus und die Leistungen des Widerstandes interessiert. Dass die Kreisvereinigung Ludwigsburg seit langen Jahren die "Streiflichter aus Verfolgung und Widerstand" als wis-senschaftliche Publikationsreihe herausgeben konnte ist wesentlich seiner Mitarbeit zu verdanken.
1992 wurde Reinhard zum Landessprecher der VVN-BdA Baden-Württemberg gewählt - eine Aufgabe, der er sich dann bis zu seinem Tode mit grossem Einsatz gewidmet hat.
Seit 1998 vertrat er dann auch unsere Landesvereinigung im Bundesausschuss der VVN-BdA.
Reinhards Interesse, ja Leidenschaft galt vor allem der Geschichts- und Gedenkstättenarbeit. Zu diesem Thema arbeitete er eng mit unserem Ehrenvorsitzenden Alfred Hausser zusammen und übernahm nach und nach viele der bisher von ihm wahrgenommenen Aufgaben. In der Gedenkstättenarbeit machte er sich weit über die VVN-BdA hinaus einen Namen. Auch in seinem Beruf als Lehrer galt er als Experte in Fragen des Nationalsozialismus und der Bauernkriege.. Die Unterrichtsmaterialien, die er zu diesen Themen erarbeitete wurden in Haupt- und Realschulen von Lehrer gerne für ihre Arbeit eingesetzt.
Sein zweiter Schwerpunkt galt dem Kampf gegen den aufkommenden Neofaschismus. Auf Bundesebene arbeitete er in der Neofakommission der VVN-BdA mit, half bei der Erarbeitung unserer Neofaaustellung und entwicklete massgeblich das zugehörige Unterrichtsmaterial. 2006 hat er wesentlich an den Argumentationshilfen für unsere bundesweite Kampagne "NPD Verbot jetzt" mitgearbeitet. Als Referent auf zahlreichen Veranstaltungen und Seminaren wurde er nicht müde über die Gefahren der heute agierenden Nazis aufzuklären.
Die Aufklärung über die Geschichte und die aktuellen Gefahren des Neofaschismus gehörten für Reinhard unmittelbar zusammmen.
Das waren auch seine Hauptthemen in der Redaktion unserer Antifa Nachrichten, der er seit 1992 angehörte. Seine Artikel und Beiträge haben unsere Zeitung entscheidend geprägt.
Äußerst beliebt waren seine Buchbesprechungen in unseren Antifa-Nachrichten, die uns einen Überblick über die Neuerscheinungen in unserem Themengebiet gaben.
Überhaupt: Neben all seinem Engagement pflegte Reinhard nämlich immer seine Leidenschaft: Bücher, Bücher Bücher. Am Rande von Konferenzen oder auch Demos konnte man ihn am sicheresten an den Büchertischen oder den antiquarischen Buchhandlungen in der Nähe finden. Reinhard sammelte und las; er kannte wie kein anderer nicht nur die Fachbücher im Bereich Antifaschismus,. Er begeisterte sich auch für die schöne Literatur. Er liess es sich nicht nehmen immer wieder auch Vorträge über die Romane und Erzählungen z. B. verfolgter Autoren oder schon auch mal über Grimms Märchen aus der Sicht von Karl Marx zu halten, die immer interessierte und begeisterte Zuhörer fanden. Oft haben wir Reinhards Büchereifer belächelt, aber immer tiefen Gewinn aus seiner Belesenheit und seinen umfassenden Kenntnissen gezogen.
Wo immer schwierige Situationen in der VVN-BdA entstanden, war Reinhard einer der erster, der Hilfe anbot und Verantwortung übernahm. Er war hilfsbereit und bescheiden. Die Zusammenarbeit mit Reinhard war immer ein Gewinn.
Reinhard Hildebrandts Tod ist ein unersetzlicher Verlust für uns alle. Er war ein konsequenter Antifaschist, ein nimmermüder Mitstreiter und ein guter, verlässlicher Freund.

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