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antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 1 / April 2008



Bundesvorsitzender und Landesprecher der VVN-BdA:

Abschied von Werner Pfennig

Dr. Ulrich Schneider

Am 29. Januar 2008 verstarb nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 70 Jahren unser Landesprecher und gleichzeitig Vorsitzender der Bundesvereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), Werner Pfennig.

Seine erste politische Prägung erhielt er bereits als Kind, als er die Schrecken der Nazizeit in seinem familiären Umfeld erlebte. Seine lebenslange eindeutige Haltung gegen Faschismus und Krieg wurde durch diese Erfahrungen begründet.
Mit Beginn seiner Lehre als Schriftsetzer wurde er schon als Sechzehnjähriger Mitglied in der IG Druck und Papier, einer Gewerkschaft, die konsequent für eine antifaschistische Orientierung, für eine soziale und politische Alternative zur Adenauer - Administration eintrat. Als politisch bewusster Gewerkschafter wirkte er in der außerparlamentarischen Opposition und der 68er Bewegung mit.
Der Leitspruch "Wissen ist Macht" galt für ihn auch in der Gewerkschaft, wenn es darum ging, Antworten auf die politischen Herausforderungen der Zeit zu geben. Und so folgte er Anfang der 70er Jahre dem Ruf an die gewerkschaftliche Bildungsstätte in Springen und in die Hans-Böckler-Stiftung, bevor er Mitarbeiter im Hauptvorstand der IG Druck und Papier wurde in Stuttgart wurde.
In dieser Zeit trat er auch in die VVN-Bund der Antifaschisten in Baden-Württemberg ein. Am 30. Januar 1983 sprach er als Gewerkschafter und Antifaschist zum 50. Jahrestag der Machtübertragung auf der großen Kundgebung, zu der die VVN-BdA in Mössingen aufgerufen hatte, dem einzigen Ort, in dem es zum Generalstreik gegen die Nazis kam. Wie später immer wieder, ging es ihm in dieser Rede, darum, den Blick dafür zu wahren, welche und wessen Interessen zum Faschismus geführt haben, wer die Verursacher und Profiteure waren und wieder werden könnten: "Es waren Industrielle und Bankiers, von Thyssen bis Krupp, von Haniel bis Siemens, von Schröder bis Bosch und Verleger Hugenberg, die nach der Reichstagswahl im November 1932 forderten, Hitler zum Reichskanzler zu machen." Und wie später immer wieder wandte er sich gegen die Legende von der Gleichsetzung von rechts wie links als "Extremisten":
"Wir wenden uns gegen die Geschichtsfälschung, die so tut, als ob nicht die Täter schuld wären, sondern die Opfer" Große Anerkennung erwarb er sich bei seinen Kollegen und in der Gewerkschaft als Landesbezirksvorsitzender der IG DruPa in Baden-Württemberg und später im geschäftsführenden Hauptvorstand der IG Medien. Er verband tarifliche Auseinandersetzungen überzeugend mit gesellschaftspolitischen Fragen. Und immer wieder ergriff er in aller Klarheit Partei für Frieden und die antifaschistische Sache.
In einer fulminanten Rede auf dem 15. ordentlichen Bundeskongress des DGB im Juni 1994 prangerte er Fremdenfeindlichkeit und die Diskriminierung von ausländischen Mitbürgern an. Er erinnerte an den Brandanschlag in Solingen und kritisierte die Reaktion der Bundesregierung, das Asylrecht abzuschaffen, statt politisch gegen Rassismus vorzugehen.
Er rief auf zu betrieblichen und gesellschaftlichen Aktionen gegen Rassismus, Intoleranz und Neofaschismus. 1995 ging Werner Pfennig in den Ruhestand. Diesen nutzte er - neben vielfältigen ehrenamtlichen Aufgaben in seiner Gewerkschaft - für ein stärkeres Engagement in der VVN-BdA. Seit dieser Zeit übernahm Werner Pfennig in Baden - Württemberg und auf Bundesebene politische Verantwortung für die Arbeit der Organisation. 1996 wurde er zum Bundesprecher gewählt, seit 1998 war er zusätzlich Landesprecher in der VVN-BdA baden-Württemberg.. Als Vertreter der VVN-BdA war er auf zahlreichen Veranstaltungen, auf Kundgebungen und Demonstrationen, in Fachgesprächen und Podien als profilierter Antifaschist präsent. Ungezählt sind seine Auftritte bei Aktionen gegen Naziaufmärsche, in den Protesten der Friedensbewegung gegen die Militarisierung der Bundesrepublik und ihrer Außenpolitik. In diesen Jahren unterstützte er den komplizierten Prozess der Vereinigung der antifaschistischen Verbände in Ost und West. Als es nach dem Einigungskongress darum ging, zwei gleichberechtigte Vorsitzende zu wählen, stellte sich Werner Pfennig als Vertreter der alten VVN-BdA zur Verfügung.
Im vergangenen Jahr nutzte er seine Erfahrungen und Kontakte, um die Kampagne "NoNPD" zu einer gesellschaftlichen Debatte und Auseinandersetzung zu machen. Er hatte großen Anteil daran, dass das ehrgeizige Ziel von 100.000 Unterschriften im November 2007 weit übertroffen werden konnte.
Wir werden seine politisch klaren, von Erfahrungen getragenen, empathischen aber auch streitbaren Beiträge für unsere gemeinsame antifaschistische Arbeit vermissen.
Wir werden ihn nicht vergessen.
Dr. Ulrich Schneider / Bundessprecher der VVN-BdA


Detlev Hensche

Erinnerungen an Werner Pfennig

Wir trauern um Werner Pfennig.
Blicken wir zurück, so offenbart sich ein reiches Leben, ...reich an Erfahrungen, reich an Begegnungen und Freundschaften, reich an Träumen und Zukunftshoffnungen, reich auch an Eigensinn und Widerständigkeit und auch reich an Kämpfen. ...
Da ist zuförderst der Gewerkschafter.
Werner wurde zum Schriftsetzer ausgebildet. Er hat das ehrgeizige Bildungsprogramm der IG Druck und Papier durchlaufen, er war Vertrauensmann und Betriebsrat, zuletzt stellvertretender Betriebsratsvorsitzender in einem Kölner Zeitungsbetrieb. ...
Auf die betriebliche Arbeit folgte die Weiterbildung. Zu Beginn der bewegten 70-iger Jahre wurde er Student an der Akademie der Arbeit, offenkundig so erfolgreich, daß die Akademie ihn anschließend als Assistenten beschäftigte. Werner wurde zunächst Lehrer in der zentralen Bildungsstätte der IG Druck und Papier in Heidenrod/Springen. Danach wurde er Referent der Stiftung Mitbestimmung, zuständig für Stipendiatenbetreuung, Hochschulen und Seminare. Ja bis in die jüngste Zeit trieb ihn das Bildungswesen um. Bis zuletzt unterstützte und begleitete er den Aufbau von Gewerkschaften in Mittel- und Osteuropa. ... Werner hatte bis zuletzt Freude an dieser Arbeit.
Der Zufall wollte es, daß seine Wahl zum Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg am Vorabend einer Periode stattfand, die durch eine Kette von zum Teil heftigen Tarifkonflikten gekennzeichnet war. Das begann mit dem Konflikt um die 35-Stunden-Woche. Als Landesvorsitzender hat er sich mit Erfolg darum bemüht, die Zahl der streikfähigen und streikbereiten Belegschaften zu erhöhen. ...
Selbstverständlich finden wir in den 80er Jahren in der Friedensbewegung. Werner beteiligte sich im Kampf gegen die Berufsverbote. Und vor allem und immer wieder war er zur Stelle, wenn es galt, gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus aufzustehen und sich dem Wiedererstarken neofaschistischer Strömung entgegenzustellen.
Daß er später Funktionen in der VVN-BdA übernahm, zuletzt den Vorsitz, wirkt wie ein folgerichtiger Abschluß seines politischen Lebens. ...
Werner war nicht der Typ, Konflikten aus dem Weg zu gehen, auch nicht intern. Wie jeder von uns hatte er Schwächen, doch anfällig für opportunistische Anwandlungen und Leisetreterei war er nicht. Werner gelang es, auch die zu überzeugen, zumindest ihnen Respekt abzuverlangen, die im anderen Lager standen. ...
Er hat überdies immer wieder Sympathie gewonnen durch seinen Humor und seinen Witz, die auch vor der eigenen Person und der eigenen Position nicht halt machten. Überhaupt lachte er gern. ...
Werner hat sich vor allem Respekt erworben durch die Offenheit, mit der er die eigene Position vertrat. Wenn einer, wie er, mit offenem Visier kämpft, trägt dies zur Glaubwürdigkeit bei.
Werner war gefragt, als Referent in Seminaren, als Redner in Konferenzen, Betriebsversammlungen und auf Kundgebungen. Man wusste um seine Gabe der erklärenden, auch mitreißenden und immer kurzweiligen Rede.... So hat Werner Spuren hinterlassen, die nicht so schnell verwehen.
Es war ein erfülltes Leben. Ein Leben, das uns verpflichtet und ermutigt, weiter zu machen.
Wir werden die Zeugnisse dieses Lebens nicht vergessen.
Danke, Werner!

Auszüge aus der Rede von Detlev Hensche auf der Trauerfeier am 05. Februar 2008 in Stuttgart"

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