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Nummer 1 / April 2008



Unionsländer und Grüne sperren sich:

Eiertanz um NPD-Verbot

Ulla Jelpke

Ein erneutes Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD erscheint immer unwahrscheinlicher. Der Grund dafür ist in der direkten und indirekten Sabotage der Unionsparteien und der SPD zu suchen. Auf der Innenministerkonferenz im Dezember 2007 war vereinbart worden, daß eine eigens eingerichtete "Länderarbeitsgruppe gegen Rechtsextremismus" bis Mitte April dem Parlamentarischen Kontrollgremium Material über die NPD vorlegen sollten. Dann sollte geprüft werden, ob ein neues Verbotsverfahren eingeleitet werden könne. Doch die unionsregierten Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Sachsen weigern sich, entsprechendes Belastungsmaterial zur Verfügung zu stellen. "Links- und Rechtsextremismus muß man politisch bekämpfen, nicht mit der Justiz", erklärte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag Hans-Peter Uhl (CSU).
Die SPD-Innenminister kündigten dagegen an, Erkenntnissammlungen aus "frei zugänglichen Quellen" wie Internet, Reden von NPD-Funktionären bei Demonstrationen oder Aussagen bei polizeilichen Verhören nach rechtsextremen Straftaten zu übergeben. Noch am Wochenende hatte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) angekündigt, eine solche 47 Seiten lange Materialsammlung im Internet zu veröffentlichen, um zu beweisen, daß die Verfassungsfeindlichkeit der NPD auch ohne geheimdienstliche Mittel nachzuweisen sei. Nachdem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) androhte, bei Veröffentlichung dieses Materials das Prüfungsverfahren zum NPD-Verbot platzen zu lassen, machte Hövelmann einen Rückzieher.
Die Versicherungen von SPD-Chef Kurt Beck und SPD-Generalsekretär Markus Heil, ein Verbot der rechtsextremen Partei anzustreben, sind Wählertäuschung und billiger Populismus. Denn auch die SPD-Innenminister sind mehrheitlich nicht bereit, die Voraussetzungen für ein neues Verfahren zu erfüllen. Das Bundesverfassungsgericht hatte nach dem Scheitern 2003 als Grundvoraussetzung für ein neues rechtsstaatliches Verfahren den rechtzeitigen Abzug aller V-Leute des Verfassungsschutzes aus den Gremien der NPD genannt.
Als "peinliche Werbeveranstaltung für die NPD" bezeichnete Innenexpertin Petra Pau vom Fraktionsvorstand der Partei Die Linke im Bundestag das "öffentliche Hickhack der Koalitionsparteien über ihren Umgang mit der NPD". Die Linkspartei bleibt bei ihrer Forderung: "V-Leute in der NPD abschaffen".
In einem am Montag vorgelegten Beschluß ihres Parteirats distanzieren sich die Grünen von einem möglichen Verbot der NPD, für das momentan die Voraussetzungen nicht gegeben seien. "Ein NPD-Verbot wäre in den Augen vieler Ostdeutscher die Fortsetzung repressiver Methoden der DDR und könnte nicht überzeugen", mahnen die Grünen in der vor allem von ihren ostdeutschen Landesverbänden angestoßenen Positionierung. Statt dessen fordert Grünen-Chefin Claudia Roth besseres zivilgesellschaftliches Engagement und verstärkte Bildung zur Bekämpfung rechtsextremer Ideologie. In dem Beschluß vom Montag heißt es: "Rechtsextremismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft und erfährt gerade dort eine Verankerung."

(aus Junge Welt 09.04.2008)

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