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Nummer 4 / Dezember 2007



Bundesverband der Deutschen Industrie:

Rüstung rauf und Rente runter

Anne Rieger

Die BDI-Reformagenda hat`s in sich: "Erforderlich ist nach wie vor eine signifikante reale Erhöhung des investiven Anteils des Verteidigungshaushalts."

Die bisherigen geplanten und beschlossenen Ausgabenerhöhungen für Kriegsgüter von 6 Mrd. Euro (25,2 Prozent des Verteidigungshaushaltes) in 2006 auf 7,2 Mrd. Euro (29,1 Prozent des Verteidigungshaushaltes) in 2009 reichen dem Präsidenten des Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) Jürgen Thumann und seinen Leuten nicht. Zum wiederholten Mal verlangt der BDI noch mehr Steuergelder für die Rüstung zu verballern. Zwar bewertet er "die planerische Erhöhung des Verteidigungshaushaltes grundsätzlich positiv." Gemeint sind die um 900 000 Mio Euro höheren Ausgaben für Kriegsführung und -vorbereitung im Einzelplan 14 des Bundeshaushalts für das Jahr 2008. Aber der Deutschen Wirtschaft reicht das eben nicht. Auch "die Verknüpfung von ziviler und militärischer Forschung" müsse "intensiviert werden; gleiches gilt für die nationale und europäische Sicherheitsforschung."
Zehn Tage vor dem Treffen der Regierungskoalition im idyllischen Schloss Meseberg stellte der BDI seine Forderungen für die zweite Halbzeit der Legislaturperiode auf 27 Seiten zusammen und verlangt, dass sie noch "2007 angepackt und in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode umgesetzt werden." 193 Mrd. Euro zahlen die Menschen der 27 Staaten der EU heute schon jährlich für Aufrüstung und Kriegsführung. Die Europäische Verteidigungsagentur (EDE), in Brüssel hat den Auftrag, diesen Geldfluss zu erhöhen und die Ausgaben der EU-Mitgliedstaaten effektiver zu verwenden. Sie ist Javier Solana, dem Hohen Vertreter der EU-Außenpolitik unterstellt. Auf EU-Ebenen wird Außenpolitik zunehmend als Militärpolitik exekutiert. So löste im Oktober der Deutsche Alexander Weis, vordem Direktor im Bonner Verteidigungsministerium, den Briten Nick Witney an der Spitze der Europäischen Verteidigungsagentur ab. Damit wurde der Gier des BDI, "eine noch stärkere Einflussnahme zugunsten der deutschen Verteidigungswirtschaft" sicher zu stellen, entschiedener Rechnung getragen.
Natürlich weiß der BDI, dass höhere Ausgaben im Rüstungsbereich finanziert werden müssen. Das aber soll keinesfalls durch höhere Steuern für Unternehmen geschehen. Vielmehr lobt der BDI die bisherigen Steuersenkungen für ihresgleichen und fordert gleich zu Beginn seines Papiers weitere Steuersenkungen für die Industrie. An der zu Jahresbeginn eingeführten dreiprozentigen Mehrwertssteuererhöhung hat er nichts auszusetzen.
Für "dringend notwendig" hält er dagegen "die Deregulierung des Gesundheitssektors." Die Bundesregierung war da den Wünschen der Herren vom BDI schon im vorauseilenden Gehorsam entgegen gekommen: Während der Verteidigungshaushalt von 2007 auf 2008 um 3,2 Prozent steigt, wird der Gesundheitsetat um 1,4 Prozent auf schmale 2,8 Mrd. Euro beschnitten. Und so wird die Bundesregierung wohl auch der Forderung der Unternehmer nachkommen wollen, die Kosten für die Gesundheit "von den Arbeitskosten" abzukoppeln.
Auch für die Alterarmut werben die Mannen vom BDI. "Notwendig" sei "die Konzentration der gesetzlichen Rentenversicherung auf eine Basissicherung mit beitragsbezogenen Leistungen. Darüber hinaus müssen die bisher unterbliebenen Rentendämpfungen schon vor 2011 nachgeholt werden und die Hinterbliebenenversorgung muss reformiert werden." Keine Frage, für sie war "die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze" richtig. Allerdings sei "die Ausnahmeregelung für langjährig Versicherte abzulehnen." An der Rente soll weiter gekürzt werden, damit die Unternehmen wenig Rentenbeiträge zahlen müssen und kostbare Steuergelder nicht für Rente sondern Rüstung verwendet werden können. Wie`s den Menschen geht, interessiert die TOP-Verdiener nicht.
Wen wundert es da noch, dass der BDI auch bei den Ärmsten der Armen, den Hartz IV-EmpfängerInnen ausmacht, wo angeblich Geld zu holen sei: "Zuschläge für ehemalige Arbeitslosengeld-Bezieher sind abzuschaffen." Sonderbar kommt es einen da an, dass in diesem Streichungsklima für sozial Abgehängte, der Haushalt für Arbeit- und Soziales bei der Haushaltsplanung der Bundesregierung ungeschoren davon gekommen ist. Er wird um keinen Cent gesenkt oder erhöht. Wenn aber der BDI fordert: "Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Reform des Kündigungsschutzes müssen wieder auf die politische Agenda", dann leuchtet ein, dass die Bundesregierung für die dadurch verursachten zusätzlichen Arbeitslosen doch Vorsorge treffen muss. Erhalten doch heute schon 5 194 000 Menschen Alg II und 1 190 000 weitere Alg I. Sie können nicht alle als SoldatInnen nach Afghanistan und in andere Länder geschickt werden. Obwohl die Bundeswehr in manchen Agenturen für Arbeit bei erwerbslosen Jugendlichen für den Soldaten"beruf" wirbt, und der ist ohne Auslandseinsätze heute nicht mehr zu haben.

(Zitate aus: BDI-Reformagenda für die 2. Hälfte der Legislaturperiode, BDI, 14.8.2007)

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