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Nummer 2 / Mai 2006



Bundeswehreinsatz im Kongo:

Mehrwertsteuererhöhung für neue Kolonialkriege?

Anne Rieger

"Der Bundeswehreinsatz in Kongo wird mehr als dreimal so teuer wie bisher bekannt. Der Beitrag zur geplanten EU-Mission wird Deutschland etwa 64 Mio. Euro kosten, schätzt das Verteidigungsministerium."

Das erfuhr die Financial Times Deutschland (FTD) aus Kreisen der Koalitionsfraktionen" (FDT 4.4.06). Allein für den Flugtransport der 500 deutschen Soldaten nach Afrika werden rund 15 Mio. Euro veranschlagt. Die Soldaten sollen ab Juni für vier Monate mit 1000 weiteren EU-Soldaten die Sicherung der ersten "freien" Wahlen in Kongo teilnehmen. Um zu kandidieren, muss eine Person 50 bis 100 Dollar zahlen, von einem Präsidentschaftskandidaten werden 50 000 Dollar verlangt. Die aktive Teilnahme an diesen Wahlen ist wenig demokratisch. Warum will die EU mit Deutschland an der Spitze solch undemokratische Wahlen militärisch absichern? "Unsere Steuergelder wären für als zivile Aufbauhilfe für die Menschen im Kongo nützlicher eingesetzt", verlangt Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. Rohstoffreiche Region Bewaffnete Wahlhelfer machen in der Tat wenig Sinn - es sei denn, man hat anderes im Sinn: "Stabilität in der rohstoffreichen Region" nütze "der deutschen Wirtschaft", teilt der Bundesverteidigungsminister mit. Eine der wichtigsten Rohstoff-Lagerstätten Zentralafrikas ist die Mine Lueshe im Osten des Kongo, auf die staatliche Stellen der Bundesrepublik Ansprüche erheben. Zu den Unternehmen, die seit Jahren Ressourcen aus der Region beziehen, gehört eine Tochtergesellschaft der deutschen Bayer AG, H.C. Starck. Starck, einer der weltweit bedeutendsten Vorstoffproduzenten für die Hartmetall-Industrie, unterhielt jahrelang Geschäftsbeziehungen im Dickicht des kongolesischen Bürgerkriegs, so German Foreign Policy. Die DR Kongo verfüge "vor allem über strategische Rohstoffe (...), die für Europa wichtig sind", konstatiert der außenpolitische Sprecher der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Schockenhoff. Dabei handelt es sich u.a. um Vorkommen, die für die Herstellung von Düsenmotoren und Raketenteilen benötigt werden. Eine Billion für's Militär Fürs Militär wird weltweit eine Billion Dollar ausgegeben. Die weltweiten Ausgaben für öffentliche Entwicklung sind den Regierungen dagegen nur 58 Milliarden wert. Minister Jung versuchte sogar, den bewaffneten Kongo-Einsatz aus dem allgemeinen Topf des Bundeshaushaltes (Einzelplan 60) zu finanzieren. Das ordnet sich ein, in seinen Versuch, der Auslagerungen militärischer Ausgaben in zivile Etats. Aus den knappen Etats für Entwicklungszusammenarbeit, den Mitteln für Forschung und Technologie und des Außenamtes, sollte der "Nimmersatt Bundeswehr gefüttert werden"(Schäfer). Soldaten aber sind weder Entwicklungs- noch Wahlhelfer. Dennoch soll der Rüstungshaushalt um eine weitere Milliarde (Einzelplan 14) bis zum Jahr 2009 steigen, so Minister Jung in der Debatte um den Bundeshaushalt. Konkret heißt das, noch mehr Geld für Kriegswaffen und Auslandseinsätze. Gleichzeitig verspricht der Minister, dass die verteidigungsinvestiven Ausgaben - sprich Kriegsgerät und Kriegstransportgerät - von 5,8 Mrd. Euro in 2005 auf 7,2 Mrd. Euro in 2009 ansteigen werden - eine Steigerung um über 40 Prozent. Schon heute verschlingt der Militärhaushalt 10 Prozent unserer jährlichen Steuergelder. Weil das scheinbar noch nicht genug ist, für die Alimentierung der Rüstungsindustrie und die "Aufrechterhaltung ... des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt" (Verteidigungspolitische Richtlinien (8), erlassen 1992) durch die Bundeswehr, wird der Rüstungshaushalt kaltblütig erhöht, obwohl die Bundesregierung im Haushaltsbegleitgesetz feststellt: "Die laufenden Ausgaben übersteigen die regelmäßig fließenden Einnahmen dramatisch." Soziale Grausamkeiten für Kolonialkriege Für den sich daraus ergebenden "strukturellen Handlungsbedarf" sieht die Bundesregierung im Haushaltbegleitgesetz folgende Lösungen:
  • Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozent ab 2007.
  • Der bisherige Defizitzuschuss des Bundes für die Bundesagentur für Arbeit entfällt.
  • Der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung wird im Jahr 2006 um 170 Mio Euro und ab dem Jahr 2007 um 340 Mio Euro vermindert.
  • Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld II werden herabgesetzt.
  • Die pauschale Zuweisung des Bundes an die Gesetzliche Krankenversicherung werden 2007 auf 1,5 Mrd. Euro abgesenkt und laufen danach aus.
Die Kleinen zahlen für die Rüstung, den Großen werden die Steuern weiter gesenkt. Das Bundesfinanzministerium plane den Körperschaftsteuersatz von derzeit 25 auf bis zu 15 Prozent zu senken, berichtet des ZDF vom 8.4.

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