VVN-Logo VVN-BdA Baden-Württemberg, Böblinger Strasse 195, D-70199 Stuttgart / Tel. 0711/603237 Fax 600718 02.05.2005
antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 2 / Mai 2005



Lieber solidarisch als solide arisch:

Für ein Europa der Resistance

von Simon Broß

Unter diesem Motto fand am 8. Januar 2005 das 10. Antifaschistische Jugendtreffen der VVN-BdA, das von zahlreichen Organisationen und Gruppen unterstützt wurde, IG Metall Jugend, Rote Hilfe, SDAJ, ver.di Jugend, SJD-Die Falken Bawü, Freidenker Verband Stuttgart & Freidenkerjugend, Bundesweites Treffen der Mumia Abu-Jamal Unterstützungskomitees…u.v.m. im Statthaus Böcklerpark/ Berlin statt.
Ein überwältigender Erfolg. Mit über 500 TeilnehmerInnen waren es doch noch einmal 100 Jugendliche und Junggebliebene mehr als im Jahr zuvor. Was uns ganz besonders freute: sie kamen aus ganz Europa - aus Griechenland, Nordirland, Tschechien, Spanien und sogar aus Indien waren StudentInnen dabei" so Esther Broß, Bundesausschuss VVN-BdA und Paul Bauer, Bundessprecher VVN-BdA, die seit Jahren das Jugendtreffen maßgeblich vorbereiten. (Wir dürfen gespannt sein, was uns am 14. Januar 2006 zum 11. Jugendtreffen erwartet!)
Die Themen des Treffens standen ganz im Zeichen des 60. Jahrestages der Befreiung von Faschismus und Krieg.
Bei der Eröffnung sprach Markus Plagmann als Vertreter der IG Metall und erstmals die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg Cornelia Rheinauer (PDS)zu den TeilnehmerInnen. Für ihre engagierten Ansprachen in unserer Sache erhielten sie den Beifall der Anwesenden.
Unser Freund und Kamerad Peter Gingold verstand es wieder einmal mit seiner flammenden Rede die Herzen der TeilnehmerInnen, aus allen Altersgruppen in Brand zu setzen. Er berichtete eindrücklich wie er den 8. Mai 1945, den er so verinnerlicht habe wie kaum einen anderen Tag in Turin erlebt hat. In der letzten Phase des Krieges war er zur Resistenzia nach Italien entsandt worden um dort seine Erfahrungen aus der französischen Resistance einzubringen. Am Morgen des 8. Mai läuteten unaufhörlich die Kirchenglocken und verkündeten damit das Kriegsende. Peter Gingold war inmitten von hunderttausenden, jubelnden Menschen im Zentrum der Stadt. Bis in die Nacht hinein wurde getanzt und immer wieder die das Bella Ciao, Bandierra Rossa, Avanti Popolo… gesungen."Der 8. Mai" so Peter Gingold "das Morgenrot der Menschheit, die menschliche Zivilisation von der Nazibarbarei gerettet!". Mit Ausnahme einer kleinen Minderheit wurde der 8. Mai von der deutschen Bevölkerung nicht so wahrgenommen. Der Jubel, der am 8. Mai Europa, die ganze Welt erfasste, den gab es in Deutschland nicht. Die Niederlage des Naziregimes betrachteten große Teile der Bevölkerung als ihre Niederlage, besiegt zu sein als Schande. Es dauerte 40 Jahre bis der Bundespräsident Richard von Weizäcker den Mut hatte den 8. Mai als Tag der Befreiung zu bezeichnen und über die politische Breite des Widerstandes zu reden. Die TeilnehmerInnen des Treffens hätten als Nachgeborene die Möglichkeit unbefangener mit dem Tag der Befreiung umzugehen, so Peter Gingold. Er berichtete anschaulich wie im Zusammenwirken und mit Unterstützung der antifaschistischen Widerstands- und Befreiungsbewegungen in allen okkupierten Ländern die Armeen der Anti-Hitler-Koalition die Hitlerwehrmacht vernichtend schlagen konnten. Der Befreiungskampf wurde im Verlauf des Krieges eine mächtige Kraft.
Der deutsche antifaschistische Widerstand gehöre, so Peter Gingold gemessen an seinen Leiden und Opfern ebenbürtig zu dieser europäischen Resistance, habe jedoch im Unterschied zu den Befreiungsbewegungen in den okkupierten Ländern nicht zur Erhebung der Bevölkerung geführt und der 8. Mai wurde hier nicht wie in anderen Ländern zu einem nationalen Feiertag, der Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg. Er betonte, dass nicht wie im kürzlich erschienen Kinofilm "Der Untergang", den Millionen Menschen gesehen haben dieser Tag der Untergang gewesen sei sondern Befreiung, Erlösung und Errettung sei dieser Tag für die Menschheit gewesen - Der Untergang das war 1933! Seiner Rede folgten stehende Ovationen!
In den darauffolgenden Arbeitsgruppen konnten die TeilnehmerInnen von kompetenten ReferentInnen etwas zu den folgenden Themen erfahren und mitdiskutieren: Die EU-Verfassung und ihre militärischen Ansprüche/ Tobias Pflüger/MdEP, Asyl- und Flüchtlingspolitik in der EU/ Gerhard Leo, Faschisten und die soziale Frage in Europa/ Prof. Dr. Kurt Pätzold und Thorsten Ohst (IG Metall) sowie im Zeitzeugengespräch mit Rahel Springer (Kindertransport/ Emigration nach England), Karl Stenzel (Überlebender des KZ Sachsenhausen), Hanna Podimachina (Oberleutnant der Roten Armee) und Lore Krüger (Resistance) unter Moderation von Dr. Ulrich Schneider (Generalsekretär FIR) von deren Erfahrungen aus Widerstand und Verfolgung zu hören, die zu dem damaligen Zeitpunkt ja im Alter der TeilnehmerInnen des Jugendtreffens waren. Zum Abschluß der AG´s fand das Plenum zum Motto des Treffens unter der Moderation des Kameraden Markus Plagmann, IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen statt. Es diskutierten mit den Anwesenden: Enzo Savarino/ VVN-BdA, IG Metall Friedrichshafen, Tobias Pflüger/ MdEP, Prof. Dr. Heinrich Fink/ Vorsitzender VVN-BdA, Janis Tsitouras/ Deutsch-Griechische Gesellschaft, Peter Gingold/ Bundessprecher VVN-BdA, DRAFD und Gün Tank/ Journalistin über gemeinsame Strategien im Kampf gegen Krieg, Neofaschismus und Sozialabbau.
Im Rahmen dieser Runde sagte Tobias Pflüger seine Unterstützung zur Mobilisierung nach Wunsiedel zu und unser Kamerad Enzo Savaorino, VVN-BdA Ravensburg-Oberschwaben gab den TeilnehmerInnen das Versprechen innerhalb der nächsten drei Jahre vor Ort eine VVN-Jugendgruppe aufzubauen. Davon kann man nicht genug bekommen - weiter so!
Das Treffen fand seinen Abschluss mit dem Auftritt des deutsch-cubanischen HipHoppers Lu Cry aus Berlin und der antifaschistischen Ska-Band Obrint Pas (Catalunia) aus Spanien. "Das Antifaschistische Jugendtreffen der VVN-BdA ist im Lauf der Jahre zu einem festen Bezugspunkt im antifaschistischen Spektrum geworden. Es schafft Möglichkeiten mit anderen antifaschistisch engagierten Jugendlichen und Junggebliebenen zusammenzukommen, Wissen zu erarbeiten, das auch in ihrem Alltag angewendet werden kann" resümieren Esther Broß und Paul Bauer.

Appell an die antifaschistische Jugend Europas

In der oberfränkischen Stadt Wunsiedel fand im August 2004 der sich alljährlich wiederholende braune Spuk mit dem größten Naziaufmarsch seit 1945 seinen traurigen Höhepunkt:
5000 Neonazis aus 21 Ländern wallfahrteten zu der Grabstätte von Rudolf Heß. Singend un Parolen brüllend gedachten sie des Hitlerstellvertreters und glorifizierten den Krieg. Das Landratsamt hatte diese Demonstration verboten - das Verwaltungsgericht Bayreuth und das Oberverwaltungsgericht München hoben dieses Verbot wieder auf.
Die Wunsiedeler Einwohner zeigten mit ihrem Bürgermeister an der Spitze Flagge und behinderten mit einer Straßenblockade den Nazizug. Doch wie in den Jahren zuvor konnten die antifaschistischen Gegenaktionen dem Treiben keinen Einhalt gebieten. Nun wird es höchste Zeit, ein unüberhörbares Signal dagegen zu setzen. Das 10. Antifaschistische Jugendtreffen der VVN-BdA nimmt den Ruf des ehemaligen Résistancekämpfers Peter Gingold auf: Fr die Neonazis wird es künftig in Wunsiedel keinen Fußbreit Boden mehr geben!
Wir wenden uns an die antifaschistische Jugend Europas:
Demonstriert mit uns - vereint in gleichem Kampf und mit gleichem Mut - in diesem Jahr, am 21. August in Wunsiedel für ein Europa ohne Faschismus und Rassismus!
Ein weiteres Erstarken des Neofschismus darf es in den europäischen Ländern nicht geben! Dem braunen Treiben muss ein für allemal ein Ende gesetzt werden! No paseran!
Die Teilnehmer des 10. Antifaschistischen Jugendtreffens der VVN-BdA


Herzlichen Dank allen Kameradinnen und Kameraden aus Baden-Württemberg, die mit ihrem Engagement und finanzieller Unterstützung zum Gelingen des 10. Antifaschistischen Jugendtreffens der VVN-BdA am 8. Januar 2005/ Berlin beigetragen haben !



Alfred Hausser Preis 2006
Preis für antifaschistische Geschichtsarbeit

Die Vorbereitungen der Ausschreibung des auf der letzten LDK beschlossenen Alfred Hausser Preises zur Erinnerung und Bewahrung des Vermächtnisses unseres langjährigen Vorsitzenden und Ehrenvorsitzenden Alfred Hausser sind in vollem Gange. Eine Arbeitsgruppe des Landesvorstandes arbeitet derzeit die Bewerbungsgrundlagen und Zielsetzungen des Preises aus, so dass der Preis auf der nächsten LDK verliehen werden kann.
Demnach können sich örtlich-regionale Geschichtsinitiativen, Vereine, Geschichtswerkstätten, Schulklassen und nicht zuletzt baden-württembergische VVN-BdA Initiativen bewerben, die vor Ort Ereignisse und Entwicklungen unter dem Naziregime erforschen und der Erinnerung an den Widerstand, die Verfolgten und die Opfer des Faschismus bewahren helfen. Ihre Ergebnisse in Form von Veröffentlichungen, Erinnerungstafeln oder Geschichtslehrpfaden - um nur einige Beispiele zu nennen, sind preisverdächtig. Auch so viel steht fest, der Preis wird eine finanzielle Förderung in Höhe von 500.- €, eine Urkunde, eine Beratung des Projektes durch berufene Beiratsmitglieder, Hilfe zur Ermittlung weiterer Fördermöglichkeiten von Eigeninitiativen und -projekten, sowie das Buch über Alfred Hausser "Nur wer sich selbst aufgibt ist verloren" umfassen. Weitere Informationen erfolgen in der nächsten Ausgabe der Antifa-Nachrichten.
Liliane Leible

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