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antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 1 / Januar 2005



Nazis wollen Sozialproteste vereinnahmen:

Gericht unterstützt sie

von Elke Günter

Eine unmissverständliche Abgrenzung gegen eine Teilnahme von Neonazis an Montagsdemos gehört weitgehend zum Konsens. Die Ordnungsämter wollen das unter Berufung auf das Versammlungsgesetz ändern. Nazis müssen künftig mitdemonstrieren dürfen.

Hatten die Neonazis den Dresdener Montagsdemonstration bislang lediglich vom Rand aus zusehen können, so versuchte sich am Tag nach der sächsischen Landtagswahl eine Gruppe die Teilnahme an der Montagsdemo mit Gewalt zu erzwingen. Ermutigt durch das Vorgehen des Ordnungsamtes, das immer schärferen Druck auf die Anmelder ausgeübt hatte, wagten die Nazis einen Angriff auf die Demonstration gegen Sozialabbau.
Bereits am 17. September hatte das Dresdener Ordnungsamt bekannt gegeben, die beiden früheren Versammlungsleiter künftig nicht mehr akzeptieren zu wollen, weil die sich gegen Teilnahme von Neonazis an der Demonstration gewehrt hatten. Dagegen legten die Demoanmelder Widerspruch ein. Das Verwaltungsgericht entschied in der Sache für das Ordnungsamt. Das Bündnis gegen Sozialkahlschlag mußte neue Anmelder benennen. In der Begründung des Gerichts heißt es: "Durch das Verhalten der Versammlungsleiter wurde die Gruppierung im Ergebnis an der Demonstrationsteilnahme gehindert. Hierdurch hätten die Anmelder gegen ihre Rechtspflicht verstoßen, "als Versammlungsleiter für einen ordnungsgemäßen Verlauf der Demonstration zu sorgen. Hierzu gehört als zentrale Aufgabe, allen Personen, die an der Veranstaltung teilnehmen wollen, diese Teilnahme zu ermöglichen, solange sie sich friedlich verhalten und keine Störungen von ihnen ausgehen."
Weil sich die Montagsdemonstranten trotz dieser Vorgabe gegen die mitlaufenden Nazis wehrten, erteilte das Ordnungsamt die Weisung, den Demonstrationszug zu stoppen. Zuvor war dem Anmelder im Auflagenbescheid mitgeteilt worden, dass "das Grundrecht der Versammlungsfreiheit auch für diejenigen gilt, die den Zielen einer Versammlung bzw. den dort vertretenen Meinungen kritisch ober ablehnend gegenübersehen und dies in der Versammlung zum Ausdruck bringen wollen. Dies ist insbesondere deutlich zu machen, da in den vergangenen Montagsversammlungen eine friedliche Teilnahme von ca. 20 bis 20 Personen des rechten Spektrums am Aufzug nicht ermöglicht wurde." So stellte die Polizei die Demonstrationsteilnehmer vor die Wahl, entweder die Neonazis mitlaufen zu lassen, oder aber die Demonstration aufzulösen. Antifaschisten, die sich mit der Anwesenheit der Neonazis nicht abfinden wollten, wurden von der Polizei eingekesselt und ihre Personalien festgestellt.
Dies war von den Nazis offensichtlich einkalkuliert worden. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, der im SpiegelOnline Interview ein Horrorszenario mit Verletzten beim Zusammenprallen von "Linken Chaoten" und "Rechten" entwirft, warnt davor, dass die Neonazis fast jedes Wochenende auf die Straße gingen, um den Staat und die Gegendemonstranten zu provozieren. Ziel sei es dabei, dass "linke Chaoten die Nerven verlieren und sie angreifen". Die rechten Demonstranten wollten nicht zuerst zuschlagen, sondern angegriffen werden, "um nach außen eine saubere Weste zu behalten und sich als Opfer von Chaoten und Polizei darstellen zu können".
Vor kurzem mischten sich in eine Montagsdemo in Böblingen /Sindelfingen rund 80 Neonazis. Die Polizei wollte auch hier Anmelder und linke Demoteilnehmer, die in der Minderheit waren, zwingen die Nazis mitdemonstrieren zu lassen. .Das bundesdeutsche Versammlungsgesetz bietet in der Tat kaum Möglichkeiten, die Neonazis von den Demonstrationen auszugrenzen. Da der Verzicht auf Aktionen und Demonstrationen gegen Sozialkahlschlag nicht die Alternative sein kann, (so hätten sie es wohl gerne!!) muß künftig sorgfältig überlegt und geplant werden, wie Nazis am Mitlaufen gehindert werden können.
EG (Nach einem Beitrag in den antifaschistischen Nachrichten Nr. 23)

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