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Nummer 3 / Juli 2004



EU- und Kommunalwahlen 13.6.2004:

Wahlerfolg für Neonazis

von Elke Günter

Daß die NPD zumindest mittelfristig vom Scheitern des Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht profitieren würde, war zu befürchten gewesen. Zumal die Gerichte in den allermeisten Fällen Neonaziaufmärsche genehmigten und faschistische Hetztiraden in den Rang des grundgesetzlich geschützten Rechts auf freie Meinungsäußerung erhoben. Die Polizei räumt den Nazis nicht selten unter heftigem Knüppel- und Wasserwerfereinsatz den Weg von protestierenden Antifaschisten frei. Die Bilder, die via Satellit in die Wohnzimmer strahlen, verbreiteten die Botschaft: Das Recht steht auf der Seite der Marschierer, nicht der Protestierer. Naziaufmärsche, rassistische Propaganda, immer öfter gepaart mit geschickter sozialer Demagogie gehören in den östlichen Landesteilen, aber nicht nur dort, mehr und mehr zur schrecklichen Normalität in Deutschland. Zunehmende soziale Verelendung ganzer Landstriche durch Massenarbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsverhältnisse, eine immer hemmungslosere Umverteilungspolitik von unten nach oben, rigoroser Abbau sozialer Errungenschaften, sind die besten Wahlhelfer der Neofaschisten. Wo Geschichtslosigkeit und Gleichgültigkeit Hand in Hand gehen, beginnt sich politische Unkultur auszubreiten. Die Wahlerfolge der Neonaziparteien am 13. Juni 2004 sind ein Menetekel.

Wahlkampfkostenerstattung für Nazis
Von den Medien kaum beachtet, konnten Neonaziparteien wie NPD aber auch die rechtsradikalen Reps bei den Kommunalwahlen in vielen Städten und Gemeinden hohe Stimmengewinne einfahren. Auch bei der Europawahl stieg bundesweit der Stimmenanteil von Neonazi- und ultrarechten Parteien von 2,1 Prozent 1999 auf 3,6 Prozent. Den höchsten Stimmenanteil erzielten hier die Reps mit 1,9 Prozent. (1999 1,7 Prozent). Die NPD konnte ihr Ergebnis von 0,4 auf 0,9 Prozent mehr als verdoppeln und kommt damit zum ersten Mal seit fast zwei Jahrzehnten wieder in den Genuß von Wahlkampfkostenerstattung bei einer bundesweiten Wahl. Auch in absoluten Zahlen hat die NPD von rund 100 000 1999 auf über 200 000 Stimmen zugelegt. Bei der gleichzteitig mit Kommunal- und Europawahlen stattfindenden Landtagswahl in Thüringen konnten sich die Reps von 0,8 auf 2,0 Prozent steigern. Die NPD kam auf 1,5% gegenüber 0,2% 1999.

Europawahlen
In allen Bundesländern erreichte die NPD einen Stimmenzuwachs. In Baden-Württemberg kam sie auf 0,6 Prozent gegenüber 0,3 bei der EU-Wahl 1999. In Sachsen verbesserte sie sich von 1,2 Prozent auf 3,3. REP und NPD kamen in Sachsen zusammen auf zusammen 8,1 Prozent (REP 3,4, NPD 3,3). Zum Vergleich: Die SPD kam dort auf 11,9 Prozent. In Thüringen kam die NPD auf 1,7 Prozent gegenüber 0,4 1999. In Brandenburg erreichten sie 1,8 Prozent gegenüber 1,2 Prozent 1999. In Mecklenburg-Vorpommern steigerte sie sich auf 1,7 Prozent gegenüber 0,6 Prozent bei der letzten EU-Wahl. Im Saarland erzielte die NPD mit 1,7 Prozent (1999 0,3 Prozent) die höchsten Abstimmungswerte in den alten Bundesländern. In NRW kam sie auf 0,6 Prozent. Mehr als eine prozentuale Verdoppelung im Vergleich zu 0,26 Prozent 1999. In Hessen konnte sie mit 0,8 Prozent ihr Ergebnis im Vergleich zu 1999 fast verdreifachen.
Die REPs fuhren in ihrem Stammland Baden-Württemberg erfreulicherweise Verluste ein. Sie kamen auf 2,8 Prozent gegenüber 3,3 1999. Auch in Brandenburg büßten die REPs Stimmen ein. Sie kamen auf 1,3 Prozent gegenüber 1,6 Prozent 1999. Baden-Württemberg und Brandenburg sind allerdings die einzigen Ausnahmen. In allen anderen Bundesländern konnte sich die ultrrechte Partei steigern, wenn auch meist geringfügig. Ihr bestes Stimmenergebnis erzielten sie mit 3,4 Prozent in Sachsen. In Rheinland-Pfalz erzielten sie 2,7 Prozent gegenüber 2,1 1999. Auch in Thüringen kamen die Reps auf 2,2 Prozent gegenüber 1,9 im Jahr 1999. Auch in Bayern erreichten sie 2,3 Prozent gegenüber 1,9 bei den letzten EU-Wahlen.

Kommunalwahlergebnisse in NPD-Hochburgen
Bei den Kommunalwahlen sieht es noch deutlich schlimmer aus. Die Wahlen zum Stadtverband und Stadtrat Saarbrücken bescherten der Nazipartei jeweils 4,4 Prozent, bei der Wahl zum Stadtrat von Völklingen (Saar) sogar knapp 9,6 Prozent. Die NPD erhält erhält damit 5 Sitze im Völklinger Stadtrat. In der Völklinger Innenstadt kam die NPD auf Rekordergebnisse von zu 26 Prozent der Stimmen. In Sachsen konnten NPD und Reps bisher beispiellose Wahlerfolge erzielen. Beide Parteien erhalten zusammen 13 Mandate in Kreistagen und 40 Sitze in Stadt- und Gemeinderäten. Im Kreistag der Sächsischen Schweiz stellt die NPD künftig die drittstärkste Fraktion. In einigen Gemeinden ist sie gar zweitstärkste Kraft. In der sächsischen Landeshauptstadt schaffte das aus NPD, DVU, REP-Kadern, und Deutsche Partei gebildete "Nationale Bündnis Dresden" rund 4 Prozent und damit den Einzug in den Stadtrat mit drei Mandaten. In ihrer Hochburg Sächsische Schweiz erreichte die NPD schon bei früheren Kommunalwahlen zweistellige Ergebnisse. Jetzt ist sie flächendeckend in den Kommunalparlamenten der Sächsischen Schweiz vertreten. Rekordergebnisse erzielte die Nazi-Partei in Reinhardsdorf-Schöna. Dort stimmten gleich 26 Prozent der Wahlberechtigten für die NPD. In Königstein wählten 21,1 BürgerInnen NPD. In Sachsen-Anhalt gelang der NPD in Halle und Qudelinburg der Einzug in die Kommunalparlamente (1,8 Prozent bzw. 2,8 Prozent und jeweils ein Mandat. In Mecklenburg-Vorpommern zog die NPD unter anderem in den Stradtrat von Stralsund mit 4,1 Prozent (2 Sitze) ein.
Die Deutsche Partei (DP), die unter ihrem Vorsitzenden Dr. Heiner Kappler, (früher Bürger-Partei und noch früher FDP-Landtagsabgeordneter in NRW) zum ersten mal zu EU-Wahlen antrat, erreichte mit jeweils 0,5 Prozent ihr bestes Ergebnis in Bremen und in Sachsen. In Bremen war sie bereits zur Bürgerschaftswahl angetreten. Ihr zweitbestes Ergebnis erzielte die DP in Hessen. Hier kam sie auf 0,4 Prozent.

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