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Nummer 2 / April 2004



Ostermärsche 2004:

Für ein Europa des Friedens und der Solidarität

von Elke Günther

Rund 20 000 Menschen beteiligten sich in diesem Jahr bundesweit an den Ostermärschen. In Baden-Württemberg fanden Osteraktionen in Karlsruhe, Ellwangen, Müllheim, Ulm statt. Zum traditionelle Internationalen Bodensee-Ostermarsch trafen sich die FriedensmarschierInnen aus Konstanz, Singen und anderen Orten in diesem Jahr im schweizerischen Rorschach.

In Karlsruhe nahmen knapp 1000 Menschen an der diesjährigen Osteraktion der Friedensbewegung am Ostersamstag teil. Die Friedensdemonstration stand unter dem Motto: "Für ein Europa des Friedens und der Solidarität: Millionen für den Frieden statt Milliarden für den Krieg. Gegen ein Europa der Militärs und Konzerne".

Krieg löst kein Problem
Zur Auftaktkundgebung am Bahnhof begrüßte Arno Neuber vom Friedensbündnis Karlsruhe die aus Mannheim, Heidelberg, Stuttgart und vielen anderen Orten angereisten FriedensdemonstrantInnen. "Krieg löst kein Problem, er ist das Problem selbst" stellte Arno Neuber fest. Die Heidelberger Sängerin Jane Zahn stimmte die OstermarschierInnen mit ihren Friedensliedern auf die Aktion ein. Nach dem Auftakt formierte sich der bunte Zug, in dem die vielen regenbogenfarbenen Pace-Fahnen dominierten, zum Marsch durch die Karlsruher Innenstadt zum Marktplatz, wo die Abschlußkundgebung stattfand. Fetzige Rockmusik, Oldies, but Goodys, gekonnt vorgetragen von der Stuttgarter Band "Landesrockanstalt" schallte über den Karlsruher Marktplatz bevor Moderatorin Jeanette Wern von der Heilbronner Friedenskoordination als ersten Kundgebungredner Otto Vogel, Dekan der evangelischen Kirche in Karlsruhe begrüßen konnte.
Otto Vogel rief dazu auf, sich an das Grauen des Krieges und das schier grenzenlose Elend niemals zu gewöhnen: "Unser Zorn muß ganz schön lang werden. Länger als die drei Monate vor einem aufziehenden Krieg." Die "Arroganz der Macht und die Frechheit der Lügen der amerikanischen Regierung" "werde nur noch übertroffen von "ihrer Ahnungslosigkeit über das angeeignete Land und von ihrer banalen Unfähigkeit, ihm zu einem wirklichen Frieden in Gerechtigkeit zu verhelfen."

Langer Zorn - geduldige Mühe
Es gelte wach zu bleiben und hinzusehen, "damit wir die Schreie der Unterdrückten hören und das Seufzen der Kreatur, die ungebremst geschändet wird". Dekan Vogel fordert die Friedensdemonstranten "zur geduldigen Mühe" beim erklären der Zusammenhänge und der unverzichtbaren vielfältigen "Kleinarbeit" auf, denn: "Wir müssen besser werden, den Menschen zu erklären und sie zum Mittun zu gewinnen."Es ist zwar richtig: nicht erst der Erfolg gibt unserem Protst sein Recht. Aber ohne Erfolg wird sich unser Protest in die Geschichte verkrümeln und das Unrecht ungeschoren lassen."

Gewaltverzicht. Weltweit! Überall!
Als nächste Rednerin sprach Kirsten Rölke, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. In den letzten Jahren sei eine erstaunliche Entwicklung zu beobachten gewesen: Plötzlich gelte das, was wir vor 100 Jahren gegolten hätte und zu recht auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet sei, als "modern". Nicht nur in der Sozialpolitik, sondern auch in der Außenpolitik gebe es "seitens der Führungseliten inzwischen fast weltweit offensichtlich die asoziale Wunschvorstellung, die Zustände von vor über 100 Jahren wieder herzustellen". Wer, wie die USA und ihre IrakVerbündeten, in der Außenpolitik nach wie vor die Kanonenbootpolitik der Kaiserzeit betreibe, könne jedoch niemals Vorbild sein. Die Gewerkschafterin warnte vor dem Irrtum zu meinen, "dass man einen größeren Einfluss auf die Weltpolitik bekommt, wenn man auf europäischer Ebene versucht, sich die gleichen Instrumente wie die USA zu schaffen." Die Kanonenbootpolitik habe im erste Weltkrieg geendet. Lehre aus der Geschichte sei, außer zur "direkten Selbstverteidigung ist militärische Gewalt als Mittel der Politik zu ächten ! Weltweit! Überall!" Die USA und ihre Verbündeten hätten mit dem Irak-Krieg "ein Tor aufgestoßen, das besser geschlossen geblieben wäre: Die Legalisierung von militärischer Gewalt als Instrument der Politik." Kirsten Rölke rief dazu auf, nicht zuzulassen, daß Krieg, der immer "Tod, Verstümmelung und Zerstörung" bedeute wieder normales Instrument von Politik wird.

Nein zur EU-Verfassung
Als letzter Kundgebungsredner kam VVN-BdA Landesgeschäftsführer Dieter Lachenmayer zu Wort. Die weltweit größte Friedensbewegung vor einem Jahr habe, auch wenn sie den Krieg nicht verhindern konnte, ihre Spuren hinterlassen. Dies mache die Reaktion der spanischen Bevölkerung auf die blutigen Terroranschläge deutlich. "Die spanische Bevölkerung hat begriffen, daß Terror und Krieg Brüder sind. Krieg ist nichts anderes als staatlich organisierter Terror. Und deshalb gibt es nur ein einziges Mittel, das gegen Krieg und Terror hilft: Frieden! betonte der Redner.
Das Europa, das derzeit entstehe, bediene sich jedoch der gleichen neoliberalen Ideologie und der gleichen Militärstrategie die zum Irak-Krieg geführt hat und zu weiteren Kriegen führen wird. So sehe der Entwurf für eine künftige EU-Verfassung Militäreinsätze in aller Welt ausdrücklich als Mittel der "sogenannten Außen- und Sicherheitspolitik" vor. Die Mitgliedsländer verpflichteten sich in diesem Verfassungsentwurf zur Aufrüstung. "Diese Verfassung macht das neue Europa nicht zum gemeinsamen Haus, sondern zur Kaserne!" erklärte der Redner. Er rief dazu auf, diese Verfassung gemeinsam zu verhindern. Dieter Lachenmayer ging in seiner Rede auch auf den Zusammenhang zwischen Rüstung und Sozialabbau ein. "Wo und wann immer zum Krieg gerüstet wurde - es ging zu Lasten der Menschen. Wo immer die Interessen der sogenannten Wirtschaft nach höheren Profitraten, nach Märkten und Rohstoffen vorangestellt wurden, vor die Interessen der Menschen, dort sank auch die Hemmschwelle diese Ziele mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Eine Wirtschaft, die sich als Konkurrent zum Kampf gegen die Wirtschaft anderer Länder rüstet, ist eine Mißwirtschaft!" Es gelte neue Chancen zu nutzen und den Protest gegen Sozialabbau und die herrschende Logik des Krieges zusammenzuführen und auf die Straße zu bringen.

Abrüstung statt Sozialabbau
In Ellwangen demonstrierten am Ostersamstag rund 250 Menschen unter dem Motto: "Frieden braucht Gerechtigkeit". Die 2. Bevollmächtigte der IGM Waiblingen und VVN-BdA Landessprecherin Anne Rieger ging in ihrer Ostermarschrede auf die katastrophale Situation der Menschen im Irak ein. "Was wir Friedensbewegte - was der DGB bereits im Mai 2002 vorausgesagt haben - jeder Tag beweist es aufs neue: Krieg ist keine Lösung!" Mit High-Tech-Waffen könne man zwar den Krieg gewinnen - aber nicht den Frieden, betonte die Rednerin und forderte den sofortigen Stopp der Bombardierung und Belagerung und den umgehenden Abzug aller fremden Streitkräfte. Statt Milliardenbeträge für Besatzung und erneuten Krieg sollten die Mittel für schnelle Hilfslieferungen und den umgehenden zivilen Wiederaufbau des zerstörten Landes eingesetzt werden.
Den Aussagen von Verteidigungsminister Struck, wonach die Bundesrepublik auch am Hindukusch verteidigt werde, widersprach Anne Rieger entschieden: "Die Grenze der Bundesrepublik verläuft nicht am Hindukusch, sondern an Oder und Neisse. Gerade Deutschland, das im vergangenen Jahrhundert die Welt mit zwei terroristischen Weltkriegen überzogen hat, in denen Millionen Menschen starben, täte gut daran, sich mit Auslandseinsätzen zurückzuhalten" betonte die Rednerin. Was 1991 mit 195 Sanitätern in Kambodscha als humanitäre Hilfsaktion begann, sehe auf der Internetseite der Bundeswehr heute so aus: "Vom Balkan über Djibouti bis Afghanistan... auf drei Kontinenten stehen derzeit ca. 7000 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Deutschland gehört damit zu den Nationen, die für internationale Einsätze die meisten Truppen stellen." Die Kosten für diese Auslandseinsätze seien seit 1995 um das Zehnfache gestiegen. Während der Bevölkerung drastischer Sozialabbau zugemutet werde und den Kommunen das Geld fehle, seien genügend Mittel für neues Kriegsgerät vorhanden kritisierte Anne Rieger. Sie forderte stattdessen die ein umfassendes und nachhaltiges Rüstungs- und Standortkonversionsprogramm.

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