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Nummer 4 / Oktober 2003



Alfred Hausser - Ein letztes Zusammensein unter Freunden:

Kampflieder im Pflegeheim

von Paul Bauer

Am 3. August war es endlich soweit, wir "Mühlis" die VVN-Jugend Ortenau, Heinz und Inge Siefritz von der VVN-BdA Freiburg, machten uns auf den Weg nach Stuttgart in´s Paul Collmer - Heim um Alfred und Ilse einen ganz besonderen Besuch ab zustatten! Frei nach dem Motto: Kommen Alfred und Ilse nicht zum Sommerfest, dann kommt das Sommerfest der VVN-BdA Ortenau zu ihnen. Mit im Gepäck hatten wir außer bestem Riesling und Sekt, natürlich unsere Lieder, unsere Träume von einer besseren Welt, einen Bildband für Alfred und Ilse über das Sommerfest 2003, dem ersten, an dem Alfred und Ilse nicht "körperlich" anwesend sein konnten.
Aus den Gesprächen der Kameradinnen und Kameraden auf unserem Fest konnte man entnehmen, wie groß die Sorge um Alfreds Gesundheitszustand ist bzw. kam die Bewunderung für Ilses Liebe und Kraft bei der Pflege von Alfred zutage. Manche Anekdote aus aus gemeinsamen Kämpfen und Feiern machten die Runde, so das man zu Recht behaupten kann: Alfred und Ilse waren "presente" In Stuttgart im Paul Collmer-Heim angekommen, was für ein Empfang! Ein riesen Tisch, voll mit Kuchen und Kaffee, Ilse, Hermine, Ulrike, Alfreds Sohn Michael, dazwischen Alfred auf einer Liege am Fenster, bevor wir uns alle in die Arme fallen konnten, hören wir Alfreds Stimme " Die Mühle lebe hoch,hoch, hoch" Nun begrüßten wir aufs herzlichste Alfred, das Küßen und Streicheln wollte kein Ende nehmen.
Alfred freute sich sichtlich und hatte für jeden von uns, auf seine bekannte liebevolle Art, persönliche Worte und Fragen in denen er seine Zuneigung und sein Interesse zu Ausdruck brachte. "Paul, sag mir wächst Ost und West (gemeint ist unsere Organisation) zusammen? Sind alle Probleme geklärt?" "Weißt da oben", und zeigt auf seinen Kopf "hab ich alles noch drinn, nur der Körper will nicht mehr so" Was für eine Kraft, was für ein Wille steckte in diesem Menschen! Diese Gefühle, die das alles in uns auslöste, kann man nicht beschreiben. Wir waren einfach überwältigt und das sollte auch die nächsten Stunden so bleiben.
Ilse schilderte in knappen bewegenden Worten ihre Situation in den letzten Monaten, seit Alfred auf ihre Hilfe rund um die Uhr angewiesen war, dankte allen, besonders Hermine, die ihr in dieser Zeit zur Seite standen. Was für eine Frau! Selbst gesundheitlich angeschlagen, hegt und pflegt sie "ihren Alfred". Gibt nicht auf, kämpft bis zuletzt darum daß Alfred zu Hause in seiner gewohnten Umgebung bleiben kann! Wir alle waren tief berührt und voller Bewunderung für Ilse. Nachdenklich stimmte uns allerdings die Tatsache, daß es nicht allzuvieleKameradinnen und Kameraden waren, die sich für Alfred und Ilses Situation interessierten, zu Besuch kamen, ihre Hilfe bei den "kleinen" Dingen des Alltages anboten. So ein "Umgang" sollte eigentlich in unserer Organisation nicht vorkommen, waren es doch gerade die älteren Kameradinnen und Kameraden die uns durch ihr Verhalten in der Zeit der Nazibarbarei lehrten, was "die Kraft der Solidarität" bedeutet. Hier haben wir noch einigen Nachholbedarf, aber davon an anderer Stelle.
Zu einem Fest gehört Musik & Gesang! Mit unserem Kameraden Eugen Bilke an der Gitarre, sangen wir unterstützt von der Singegruppe der VVN-Jugend Ortenau (Die Momo von der VVN-Jugend kam extra aus Wien angereist um Alfred mit ihrer Stimme zu erfreuen!) all die bekannten Lieder aus der Arbeiterbewegung und aus dem Widerstand. Alfred sang munter mit, einmal bei "Brüder zur Sonne, zur Freiheit" wagte Alfred sogar ein Solo! Unser Gesang "erfüllte" das ganze Paul Collmer- Heim. Ich darf sicherlich zu Recht behaupten das wir dort in diesem evangelischen Haus die ersten waren die," Die Internationale " aus voller Kehle schmetterten!
Aber das war noch nicht alles: Ein Zimmerkollege von Alfred der uns hörte, bat Ilse ob wir für ihn nicht das Lied "Auf, auf zum Kampf" singen könnten",er hätte es seit seiner Jugend nicht mehr gehört, und ganz neben bei erzählte er daß sein Vater ein Spanienkämpfer gewesen sei und er selbst bei den "Roten Falken" na, da liesen wir uns nicht zweimal bitten, dieser Wunsch wurde gerne erfüllt!
Der Kuchen war gegessen, die Rieslingflaschen leer, die Zeit des Abschiednehmens war gekommen, wir küßte und umarmte noch einmal Alfred und wußte nicht das dies ein Abschied für immer war.

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