VVN-Logo VVN-BdA Baden-Württemberg, Böblinger Strasse 195, D-70199 Stuttgart / Tel. 0711/603237 Fax 600718 01.05.2003
antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 2 / April 2003



Versuch einer ersten Bilanz:

Dieser Krieg bleibt ein Verbrechen

von Dieter Lachenmaier

Der Krieg hat nicht nur und nicht in erster Linie die Statuen und Paläste Saddams zerstört. Er hat vor allem die Hütten getroffen. Die Häuser, Straßen, Brücken, Wasserwerke, Fabriken, Felder, Schulen und Krankenhäuser, die die Menschen zum Leben brauchen. Die durch jahrelanges Embargo ausgezehrte Bevölkerung wird weitere Jahre leiden.

Destabilisierung und Gewalt
Dieser Krieg hat dramatische Folgen für die gesamte Region. Nichts und niemand wird durch die militärische Eroberung des Irak sicherer. Aufgerüttelt von den Drohungen gegen Syrien und Iran, werden nicht nur die arabischen Staaten dem Beispiel Indiens folgen, das offen die Atombombe als einzigen Schutz vor einer übermächtigen Aggression reklamiert. Der Terrorismus wurde weder bekämpft noch eingedämmt. Was den Staaten militärische Aufrüstung und Atombombe ist, wird den nichtstaatlichen Akteuren und den skrupelloseren Regimen der Terrorismus werden. Auch Israel wird nicht sicherer sein.

Barmherzigkeit statt Würde
Die irakische Bevölkerung wird die Zerstörung und den geplanten Ausverkauf ihres Landes obendrein mit ihrer Menschenwürde bezahlen. Die Menschen werden abhängig sein. Wenn es nach dem Willen der Willigen geht von der Großherzigkeit der Kriegsführer und Kriegsgewinnler oder wenn es nach internationalem Recht geht von den internationalen Organisationen, die nicht in der Lage waren, den Krieg zu verhindern und denen nun die Barmherzigkeit bleibt.

Kolonie statt Demokratie
Die Menschen werden auf Jahre hinaus nicht ihr Schicksal selbst gestalten können. Sie werden Objekte einer modernen Kolonialverwaltung werden - ob diese nun einem US Militärgoverneur oder einer internationalen Organisation untersteht. Im ersten Falle werden sie degradiert zu geduldeten aber unliebsamen Anhängseln des Öls, das ihnen dann nicht mehr gehört. Das politische System, das ihnen nun zum höchsten denkbaren Preis "geschenkt" werden wird, wird Demokratie heißen. Es wird auf Jahre hinaus keine Demokratie sein, sondern eine Kolonialverwaltung nach Gutsherrenart. In einer Demokratie geht die Macht vom Volke aus. Im Irak wird sie noch lange Zeit von den Gewehren der Besatzungsmacht oder im wenig besseren Fall von internationalen Truppen ausgehen.

Barbarei statt Recht
Das Völkerrecht wurde mit diesem Krieg ersetzt durch das Recht des militärisch Stärkeren. Die Zivilisation durch die Barbarei: Bewaffnete US-Militärs sahen ungerührt zu, wie das vollbelegte zweitgrößte Krankenhaus Bagdads vollständig geplündert wurde, während sie mit Waffengewalt vehinderten, daß die davorliegenden Toten bestattet werden.

Zerfall und Ethnisierung
In Afghanistan (oder auch im ehemaligen Jugoslawien) kann abgelesen werden, wie es im Irak nach dem Krieg weitergehen wird, wenn es nicht gelingt dem Völkerrecht wieder Geltung zu verschaffen: US-amerikanische Militärpräsenz, sichere Ölförderstätten in der Hand der us-amerikanischen und britischen Ölkonzerne, eine international vorzeigbare aber einflußlose Regierung in der Hauptstadt bei gleichzeitigem Zerfall des Landes entlang ethnischer und religiöser Bindungen in Regionen mit starkem ökonomischen Gefälle auf niedrigem Niveau.

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