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Nummer 4 / Oktober 2002



Überlegungen zum hundertsten Geburtstags von Fritz Bauer:

Der Staatsanwalt als Mauerbrecher

von Fritz Güde

Die Landesdelegiertenkonferenz in Karlsruhe hat beschlossen, den hundertsten Geburtstag des ehemaligen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer zum Anlass einer Diskussion zu nehmen über die spezifisch juristischen Möglichkeiten, mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und allen Bestrebungen in ihrer Tradition fertig zu werden. Veranstaltungen dazu sind Ende diesen Jahres in Offenburg und nächstes Jahr in Stuttgart geplant. Der nachfolgende Artikel sammelt- freilich außerhalb der Fachwissenschaft - einige Gesichtspunkte, unter die die Beschäftigung mit dem Wirken Fritz Bauers gestellt werden könnte.

Hebamme im Talar
"Als Elfjähriger hatte ich die nicht ungewöhnliche Frage, was ich einmal werden möchte, mit der Zeichnung eines großen Firmenschildes beantwortet, auf dem unter meinem Namen als Beruf "Oberstaatsanwalt" stand ... Das Firmenschild war denen der Rechtsanwälte nachgeahmt; Oberstaatsanwalt war in meiner Vorstellung so etwas wie ein besserer Rechtsanwalt."(F.Bauer: Im Kampf um des Menschen Rechte, 1955)
So erinnert sich Fritz Bauer 1955 an seine frühesten Träume. Er hat sie nie aufgegeben. Die Staatsanwälte haben einen schweren Stand in der öffentlichen Phantasie und vor allem auch in der Literatur. Ob Staatsanwalt Jadassohn aus Heinrich Manns "Untertan" oder der procureur general im "Graf von Monte Christo": sie erscheinen in der Regel als erbitterte Verfolger und unbeugsame Durchsetzer des Staatsinteresses.
So einer wollte Fritz Bauer gerade nicht sein.
Er gibt seiner jugendlichen Vorstellung noch als Generalstaatsanwalt recht:
"Der Staatsanwalt vertritt nicht den Staat, er ist nicht der Anwalt irgendwelcher Staatsräson oder irgendwelcher Staatsinteressen, sondern des Rechts der Menschen und ihrer sozialen Existenz gegen private und staatliche Willkür. Er ist an die Gesetze gebunden, deren wichtigste die Menschenrechte sind" (s.o.)
Für Menschenrechte so ganz allgemein- dafür träte ja wohl manche und mancher ein. Steht ja im Grundgesetz und wird erwartet. Mit Bedacht aber spricht Fritz Bauer von den Rechten "des Menschen und seiner sozialen Existenz" und meint damit den ganz konkreten Einzelnen, Geschundenen und vom jeweils herrschenden Staat immer wieder Getretenen.
Wie konnte ein Mann wie Fritz Bauer überhaupt Zugang zum Stand der Strafverfolger in Deutschland bekommen?
Tatsächlich war er einer der wenigen Emigranten, die in der neuen Bundesrepublik wieder zu Amt und Würden kamen. Wohl möglich, dass die Landesregierungen - in Niedersachsen und später im damals fortschrittlichen Hessen - angesichts der Tausende von übernommenen und geerbten Nazi-Richtern und -staatsanwälten wenigstens nach außen ein Gegengewicht setzen wollten. Es spricht jedenfalls viel dafür, dass ein Mann wie Bauer mit seinen Ansichten und seiner jüdischen Herkunft nur in dieser Zeit eines ansatzweise schlechten Gewissens der Öffentlichen Verwaltung die Bedeutung erlangen konnte, die er sich später erwerben sollte.
Fritz Bauer sah seine Hauptaufgabe nie in der Produktion von Strafurteilen. Die tatsächliche Strafverbüßung am Ende des Prozesses galt ihm wenig, die Durchsetzung der Erkenntnis über die Verbrechen des Nationalsozialismus alles. Und zwar nicht des Nationalsozialismus, der angeblich wie eine Epidemie über "uns alle" kam, sondern desjenigen verbrecherischen Systems, das nur durch das aktive Zutun vieler Einzelner seine vernichtende Gewalt entfalten konnte. Wo alle sich hinter einem Verhängnis wie das Kind hinterm Vorhang verstecken wollten, da zerrte Bauer sie zäh und unerbittlich hervor und nagelte sie auf ihrer höchstpersönlichen Verantwortung fest. So brachte er verschwiegene Wahrheit zur Welt, schreiend, schmutzig und arm.
Schon Sokrates hatte sich als Hebamme der Erkenntnis gesehen. In dem von ihm überlieferten Bild bleibt freilich das oft Blutige aller Geburten verschwiegen, der manchmal notwendig gewaltsame Zugriff dessen, der der Wahrheit ans Licht verhelfen will. Bauer, Hebamme im Talar, machte vor allem mit diesen Notwendigkeiten seine Erfahrung.

1952: Remer und der deutsche Widerstand
Wie Bauer dabei vorging, zeigt exemplarisch sein Vorgehen in Braunschweig, als er als Generalstaatsanwalt das Beleidigungsverfahren gegen den Major Remer an sich zog. Remer war der Offizier gewesen, den Goebbels am 20. Juli dazu gebracht hatte, sich unter seinen Befehl zu stellen und die Verschwörer in der Bendlerstraße zu verhaften.
Als hoher Funktionär der SRP (Sozialistische Reichspartei) hatte er sich folgendermaßen geäußert: "Wenn man schon bereit ist, Hochverrat zu begehen, dann bleibt die Frage offen, ob nicht in sehr vielen Fällen dieser Hochverrat gleich Landesverrat ist. Diese Verschwörer sind zum Teil in starkem Maße Landesverräter gewesen, die vom Ausland bezahlt wurden. Sie können Gift darauf nehmen, diese Landesverräter werden eines Tages vor einem deutschen Gericht sich zu verantworten haben" (zit. n. d. Urteil LG Braunschweig 15.3.1952)
Der damalige Innenminister Lehr (CDU) versuchte mit massiver Repression gegen die Partei und Remer vorzugehen: Remer sollten vom Bundesverfassungsgericht gemäß §18 GG einige Grundrechte entzogen, die Partei verboten werden. Mehr nebenbei stellte Lehr - als ehemaliger Mitarbeiter in der Goerdeler-Gruppe - persönlich Strafanzeige wegen Beleidigung.
Von der bloßen Repression des Ärgerlichen - vor allem im scheuen Blick auf das Ausland - hielt Bauer weniger. Er erspähte vor allem eine Erkenntnischance. In seinem Plädoyer ging es ihm darum, das Gericht zu einer Anerkennung zu zwingen: dass das gesamte NS-System ein Unrechtsstaat gewesen war. Das scheint wenig, war aber viel: denn die gesamte Rechtsprechung nach 1945 ging im Prinzip davon aus, dass mit der Kapitulation keineswegs ein revolutionärer Bruch verbunden gewesen sei. Grob gesagt: das Recht hätte eigentlich immer gegolten, nur hätte die Diktatur von 33-45 seine Anwendung verhindert. Mit der Anerkennung der prinzipiellen Rechtswidrigkeit des NS-Systems - an dem dann kein Landesverrat mehr zu begehen wäre, da es selbst schon Verrat am Rechtsstaat war - ergab sich ein Ansatzpunkt, an dem weiterzuarbeiten war. Hier wird schon deutlich: die herrschende Rechtsinterpretation ließ üblicherweise den Begriff des staatlichen Verbrechens oder verbrecherischen Befehls kaum zu. Insofern entfiel - zu Ende gedacht - alle Vorwerfbarkeit für jede Person unterhalb Hitlers, der schließlich als Quelle aller Gesetze, Befehle und Verordnungen zu denken war.
Mit diesem Auslegungssystem hatte die gängige Justiz ein Gitter geschaffen, einen Stacheldrahtzaun gegen die Untiefen der Vergangenheit. Bauer konnte ihn nicht zerschneiden, er konnte ihn nur stellenweise ausbeulen.
Auffällig und kennzeichnend für das spätere Vorgehen Bauers ist das Aufgebot von Gutachtern und von Hintergrundszeugen, mit denen er den Prozess abstützte. Dazu gehört auch die breite Einbeziehung der Presse und der gesamten Öffentlichkeit. Gerade das sollte sich im Auschwitzprozess wiederholen.
Wir haben alle in der Schule von der Teilung der Gewalten gehört. Angeblich sollen sie sich gegenseitig bremsen, in Schach halten. Nur dumm, dass diese Gewalten sich zu ballen lieben. Sie werden zum Block und lasten vernichtend. So konnte es jemand in den Zeiten der sogenannten Berufsverbote passieren, dass die Verwaltung entließ, die Gerichte bestätigten, die Gewerkschaft aussschloss, die Presse totschwieg und die privaten Arbeitgeber von der Einstellung des Räudigen Abstand nahmen.
Bauer dagegen dröselt auf. Was sich normalerweise auf die Staatsgewalt in Form der Exekutive ausrichtet, wird durch seinen Eingriff anders gruppiert. So beispielsweise die damals kaum vorhandene, wenig geachtete Wissenschaft der Zeitgeschichte. Soweit sie bestand, fungierte sie als Begleitmusik der neuen Demokratie: wie weit sind wir gekommen. Bauer zwang sie zur Gruben- und Gräberarbeit. Zwangsläufig ergab sich jedes Mal, wie viel Bestände der alten Zeit den Weg versperrten.

Beton über der Republik - und seine Sprengung
Bleibend ist die Erinnerung an Bauer mit der an den Auschwitzprozess verbunden (ab Dezember 1963). Dessen Bedeutung ist heute kaum mehr zu ermessen, wo das Wort Auschwitz in aller Munde ist und zur Verurteilung von sehr vielem herhalten soll.
Der Holocaust - ein Wort, das es damals noch nicht gab - war zwar als Tatsache bekannt. Als Konzentrationslager waren aber vor allem Mauthausen, Dachau, Buchenwald usw. im allgemeinen Bewusstsein.
Die Bände der "Frankfurter Hefte" bis 1950 - und ihr einer Herausgeber Kogon war selbst in Buchenwald gewesen - enthalten einen Hinweis auf den "bleichen Hebräer" in einem Gedicht Bergengruens. Sonst nichts über Judentum oder gar Auschwitz
Von den Deutschen jüdischer Herkunft, die zurückgekommen waren, berichtet zum Beispiel Jutta Limbach in einer Sendung von PHOENIX vom 31.8.02 (Hitlers Eliten/6), dass sie keinerlei Aufhebens machten von der Zeit, die sie im Ausland verbracht hatten. Die sechs jüdischen Bundesrichter, die in Karlsruhe wieder Platz nehmen konnten, mussten erst mühsam nachträglich ausfindig gemacht werden. Von selbst hatten sie nie über Verfolgung und Exil gesprochen. Der Philosoph Loewith, den ich 54 in Heidelberg hörte, und aus dessen Nachlass ein treffender Bericht über seine Jahre als Jude im Deutschland des Jahres 35 veröffentlicht wurde, sprach damals nie ein Sterbenswort von jener Zeit.
Dieses Schweigen der Juden war nur ein - vielleicht angstvoller - Reflex des Schweigens der deutschen Öffentlichkeit.
Wie Norbert Frei in seinem Buch "Vergangenheitspolitik" minutiös nachgezeichnet hat, bestand in der Adenauerzeit breitester Konsens im Willen zu Amnestie - und Amnesie. Wie diese Betondecke angehen? Zufallsfunde kamen Fritz Bauer, inzwischen Generalstaatsanwalt in Hessen, zu Hilfe. Ein Journalist hatte bei einem Vertriebenen aus Breslau halbverkohlte Blätter gefunden. Es stellte sich heraus, dass es formlose Erschießungsprotokolle aus Auschwitz waren, Überreste der bürokratischen Korrektheit, ohne die sich die SS ihre Vernichtungsarbeit nicht erlaubte. Mit diesen Blättern als Beweismittel konnte Bauer das Bundesgericht dazu bringen, der Staatsanwaltschaft Frankfurt die gesamte Zuständigkeit für den Komplex Auschwitz zuzusprechen. Erst damit konnte die planmäßige Fahndung einsetzen.
Die später Angeklagten lebten unter eigenem Namen bald zwanzig Jahre nach Kriegsende als Apotheker, Krankenpfleger, Fabrikanten in ihren Heimatorten, unauffällig, unangefochten

Zeitumstände
Zu Hilfe gekommen waren Bauer zwei Umstände. Zunächst der Eichmannprozess in Jerusalem. Fritz Bauer hatte in Deutschland die Zuständigkeit für Eichmann vor dem Prozess in Jerusalem zugesprochen bekommen, es wurde auch in Frankfurt gegen dessen unmittelbare Untergebene - vor dem eigentlichen Auschwitzprozess - verhandelt. Wichtiger aber das ungeheure Aufsehen des Prozesses in Jerusalem vor aller Welt. In der unabsehbaren Schar der Zeugen von überallher offenbarte sich das Leiden des gesamten jüdischen Volkes. Und natürlich richteten sich zwangsläufig die Blicke auf Deutschland. Eichmann selbst hatte nur selten ein Lager betreten, niemals persönlich getötet. Wo waren die, die die Bluttat für ihn und mit ihm zu Ende führten?
Der andere Umstand: Am Ende der Adenauerzeit, zu Beginn der großen Koalition bröckelte es auch in der Hallsteinzeit: das absolute Berührungsverbot gegenüber Staaten, die die DDR anerkannten wurde gelockert. Nur so war die Heranziehung von Zeugen aus Polen, Ortstermine und kommissarische Vernehmung durch ausländische (!) Richter überhaupt möglich.
Der Auschwitzprozess selbst wird Gegenstand der geplanten Veranstaltung sein. Hier nur soviel: Die Angeklagten zogen sich wie üblich auf den Befehl zurück. Wieder entstand die Fiktion des einen - Hitler - der zwölf Jahre lang einziges Subjekt, einzige handelnde Instanz in ganz Deutschland gewesen wäre. Juristisch hätte die Durchsetzung dieser Fiktion zur Folge gehabt, dass niemand wegen Mordes hätte verurteilt werden können, allenfalls wegen Beihilfe. Deren Verjährung war damals strittig. Es kam also alles darauf an, dem Einzelnen seine Taten als von ihm gewollte zuzurechnen. Einem Boger etwa, mit dem entsetzlichen Instrument der Schaukel, an der zusammengeschnürt hängend man langsam zu Tode geprügelt wurde.Kein Befehl, keine Anweisung zu einer solchen Erfindung lag vor: er hatte das gewollt, was er getan hatte. Umgekehrt der Fall des schmächtigen Jungen von sechzehn Jahren, den sein Vater bei der SS angemeldet hatte, damit er ein richtiger Mann wurde: er lernte schnell. Mit zehn Jahren Jugendgefängnis wurde er als Vierzigjähriger bestraft.
Während Auschwitz heute oft als beliebige Chiffre für etwas Entsetzliches eingesetzt wird, erzwang der damalige Prozess die genaue mikrologische Versenkung in das Zusammenspiel vieler einzelner, die erst zusammen das Verbrechen möglich gemacht hatten.
Und erst diese Beschäftigung mit der jeweils persönlichen Beteiligung jedes individuellen Täters erzwang die Erschütterung und Erkenntnis für alle. In dem ungeheuren Missverhältnis zwischen der unauffälligen heutigen Existenz und den Verbrechen, zu denen diese inzwischen zusammengesunkenen und mickrigen Wesen fähig gewesen waren, zeigte sich, was aus Menschen werden kann- was sie unter gewissen Umständen aus sich machen können.

Was bleibt?
Woran liegt es wohl, dass nur der Prozess von Nürnberg, der gegen Eichmann und der gegen die Täter von Auschwitz sich so ins allgemeine Bewusstsein eingegraben haben?
Den Prozessen zum Beispiel gegen Honecker und Mielke wird auch der Wohlwollendste diese Wirkung nicht zuschreiben. Von der Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln, die derzeit in Den Haag an Milosevic exekutiert wird, ganz zu schweigen.
Versuch einer Antwort: Bei all den Mauerschützen- und sonstigen Prozessen, die wir erlebt haben, bleibt die Aussage- das, was dort als Erkenntnis ausgegeben wird- im Gerichtssaal, auf der Bühne. Es verbindet sich nicht mit der eigensten Erfahrung. Wie es einem in Gerichtsverfahren oft ergeht: durch die Umwandlung in einen juristischen Tatbestand- fachbegrifflich präpariert und zerlegt- erkennt man die eigne Handlung nicht wieder.
Im Auschwitzprozess aber stieg das Wort von der Bühne- nicht so sehr in der Urteilsbegründung, als einfach in der Reihe der Zeugenaussagen. Unvergesslich hat Peter Weiss aus ihnen sein Oratorium "Ermittlung" gestaltet. Allein, dass das möglich war- durch bloßes Zitat, ohne alles Hinzugedichtete- legt das Allgemeine offen: die Anfälligkeit zu bloßen Exekutoren fremden, vor allem staatlichen Willens zu werden.
Diese Anknüpfung, diese Rückbesinnung an das, was einmalig Auschwitz war, verdanken wir der Initiative Bauers. Er ergriff damit eine Gelegenheit, die sich vorher und nachher nie mehr geboten hätte.
An dieser Erinnerung gilt es festzuhalten gegenüber solchen Verwendungen des Wortes Auschwitz heute, die sein Andenken nicht weniger schänden als das Verschweigen der fünfziger Jahre.

Fritz Bauer:

Lebensdaten

Fritz Bauer wurde am 16. Juli 1903 als Sohn des Textilgroßhändlers Ludwig Bauer und dessen Ehefrau Ella, geborene Hirsch, in Stuttgart geboren. Sein Großvater mütterlicherseits, Gustav Hirsch, wurde 1848 als siebtes Kind von Leopold und Therese Hirsch in Wankheim geboren. Er stammte aus einem streng orthodoxen jüdischen Elternhaus.
Ausbildung: Von 1912 bis 1921 besuchte Fritz Bauer das Eberhard-Ludwig-Gymnasium in Stuttgart und begann nach dem Abitur ein Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Heidelberg, München und Tübingen. Im Dezember 1924 legte er seine erste Juristische Staatsprüfung in Tübingen ab, trat im selben Monat sein Referendariat an und promovierte 1925 bei Karl Geiler in Heidelberg zum Dr. jur. mit einer Dissertation über "Die rechtliche Struktur der Truste"
Im Februar 1928 legte er seine zweite Juristische Staatsprüfung ab, wurde Gerichtsassessor bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Stuttgart und schließlich im April 1930 beim Amtsgericht Stuttgart jüngster Amtsrichter Deutschlands. Fritz Bauer war Mitbegründer des Republikanischen Richterbunds in Württemberg, 1930 wurde er Vorsitzender der Ortsgruppe Stuttgart des "Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold".
Polit. Verfolgung und Emigration: Im April 1933 wurde Fritz Bauer aufgrund seiner politischen Aktivitäten von der Gestapo verhaftet, in das KZ Heuberg und später in die Ulmer Strafanstalt verbracht, und erst Ende 1933 wieder entlassen. Er musste 1936 nach Dänemark flüchten, wo er in Kopenhagen - wie auch 1943 im Exil in Schweden - in politischen Exilkreisen aktiv wurde. Gemeinsam mit Willy Brandt gründete er in Schweden die SOZIALISTISCHE TRIBÜNE als theoretisches Organ der sozialdemokratischen Partei im Exil
Nachkriegstätigkeiten: 1949 zum Landgerichtsdirektor, dann zum Generalstaatsanwalt in Braunschweig berufen. In der SPD und Gewerkschaftskreisen wurde er zu einer bedeutenden Gestalt und war Mitglied der "Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen" und des "Rechtspolitischen Ausschusses" sowie Mitherausgeber der theoretischen Zeitschrift der SPD DIE NEUE GESELLSCHAFT. In Frankfurt am Main zählte er zu den Mitbegründern des Ortsverbandes der "Humanistischen Union". Der Hessische Ministerpräsident Georg August Zinn rief Fritz Bauer 1956 als Generalstaatsanwalt nach Frankfurt am Main, wo er bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahr 1968 lebte.
Bauer hatte kurz vor seinem Tod einen Prozess geplant, der sich gegen die Teilnehmer einer reichsweiten Justizkonferenz von 1941, die juristischen Erfüllungsgehilfen der "Euthanasie"-Morde richten sollte:Nach Bauers überraschendem Tod wurde der Prozess nach einer Schamfrist eingestellt. TOD: Fritz Bauer starb in der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1968 in seiner Wohnung in Frankfurt am Main.


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